Die deutsche Ideologie
Karl Marx-Friedrich Engels
これは『新版ドイツ・イデオロギー』(花崎皋平氏訳、合同出版)をドイツ語で読むために
ネット上の様々なテキストやグーグルブックスから取り出したドイツ語のテキストを
この翻訳書に合わせてとりあえず並べ変えた擬似バガトゥーリャ版である
原稿の頁付である(2a)などは訳書の[異・ニ]を表す。[清]は略した。[ ]の中のテキストは異稿あるいは抹消稿
[ ]付きの各節の表題に対応する独語は未発見
(65)は訳書では抜けている
Feuerbach
Gegensatz von materialistischer und idealistischer Anschauung
[I]
(1) Wie deutsche Ideologen melden, hat Deutschland in den letzten Jahren
eine Umwälzung ohnegleichen durchgemacht. Der Verwesungsprozeß des
Hegelschen Systems, der mit Strauß begann, hat sich zu einer Weltgärung
entwickelt, in welche alle "Mächte der Vergangenheit" hineingerissen
sind. In dem allgemeinen Chaos haben sich gewaltige Reiche gebildet, um
alsbald wieder unterzugehen, sind Heroen momentan aufgetaucht, um von
kühneren und mächtigeren Nebenbuhlern wieder in die Finsternis
zurückgeschleudert zu werden. Es war eine Revolution, wogegen die
französische ein Kinderspiel ist, ein Weltkampf, vor dem die Kämpfe der
Diadochen kleinlich erscheinen. Die Prinzipien verdrängten, die
Gedankenhelden überstürzten einander mit unerhörter Hast, und in den
drei Jahren 1842-1845 wurde in Deutschland mehr aufgeräumt als sonst
in drei Jahrhunderten.
Alles dies soll sich im reinen Gedanken zugetragen haben.
Es handelt sich allerdings um ein interessantes Ereignis: um den
Verfaulungsprozeß des absoluten Geistes. Nach Erlöschen des letzten
Lebensfunkens traten die verschiedenen Bestandteile dieses caput
mortuum<wörtlich: toter Kopf, in der Chemie gebräuchliche Ausdruck
für einen Destillationsrückstand, hier: Rückstände, Überreste> in
Dekomposition, gingen neue Verbindungen ein und bildeten neue
Substanzen. Die philosophischen Industriellen, die bisher von der
Exploitation des absoluten Geistes gelebt hatten, warfen sich jetzt auf
die neuen Verbindungen. Jeder betrieb den Verschleiß des ihm
zugefallenen Anteils mit möglichster Emsigkeit. Es konnte dies nicht
abgehen ohne Konkurrenz. Sie wurde anfangs ziemlich bürgerlich und
solide geführt. Später, als der deutsche Markt überführt war und die
Ware trotz aller Mühe auf dem Weltmarkt keinen Anklang fand, wurde das
Geschäft nach gewöhnlicher deutscher Manier verdorben durch
fabrikmäßige und Scheinproduktion, Verschlechterung der Qualität,
Sophistikation des Rohstoffs, Verfälschung der Etiketten, Scheinkäufe,
Wechselreiterei und ein aller reellen Grundlage
entbehrendes Kreditsystem. Die Konkurrenz lief in einen erbitterten
Kampf aus, der uns jetzt als welthistorischer Umschwung, als Erzeuger
der gewaltigsten Resultate und Errungenschaften angepriesen und
konstruiert wird.
Um diese philosophische Marktschreierei, die selbst in der Brust des
ehrsamen deutschen Bürgers ein wohltätiges Nationalgefühl erweckt,
richtig zu würdigen, um die Kleinlichkeit, die lokale Borniertheit
dieser ganzen junghegelschen Bewegung, um namentlich den tragikomischen
Kontrast zwischen den wirklichen Leistungen dieser Helden und den
Illusionen über diese Leistungen anschaulich zu machen, ist es nötig,
sich den ganzen Spektakel einmal von einem Standpunkte anzusehen, der
außerhalb Deutschland liegt.
[(2a) Wir schicken daher der speziellen Kritik der einzelnen Repräsentanten
dieser Bewegung einige allgemeine Bemerkungen voraus. Diese
Bemerkungen werden hinreichen, um den Standpunkt unsrer Kritik so weit
zu bezeichnen, als es zum Verständnis und zur Begründung der
nachfolgenden Einzelkritiken nötig ist. Wir stellen diese Bemerkungen
(3a) gerade Feuerbach gegenüber, weil er der Einzige ist, der wenigstens
einen Fortschritt gemacht hat und auf dessen Sachen man de bonne foi
<in gutem Glauben> eingehen kann, welche die ihnen allen
gemeinsamen ideologischen Voraussetzungen näher beleuchten werden.
[1 Die Ideologie überhaupt, speziell die deutsche Philosophie
[A. Wir kennen nur eine einzige Wissenschaft, die Wissenschaft der
Geschichte. Die Geschichte kann von zwei Seiten aus betrachtet werden, als Geschichte, in die Geschichte der Natur und die
Geschichte der Menschen aufgeteilt werden. Beide Seiten sind indes
<von der Zeit> nicht zu trennen; solange Menschen existieren,
bedingen sich Geschichte der Natur und Geschichte der Menschen
gegenseitig. Die Geschichte der Natur, die sogenannte
Naturwissenschaft, geht uns hier nicht an; auf die Geschichte der
Menschen werden wir indes einzugehen haben, da fast die ganze Ideologie
sich entweder auf eine verdrehte Auffassung dieser Geschichte oder auf
eine gänzliche Abstraktion von ihr reduziert. Die Ideologie ist selbst
ist nur eine der Seiten dieser Geschichte.]
[1.] Die Ideologie überhaupt,namentlich die deutsche
(2) Die deutsche Kritik hat bis auf ihre neuesten Efforts den Boden der
Philosophie nicht verlassen. Weit davon entfernt, ihre
allgemein-philosophischen Voraussetzungen zu untersuchen, sind ihre
sämtlichen Fragen sogar auf dem Boden eines bestimmten
philosophischen Systems, des Hegelschen, gewachsen. Nicht nur in ihren
Antworten, schon in den Fragen selbst lag eine Mystifikation. Diese
Abhängigkeit von Hegel ist der Grund, warum keiner dieser neueren
Kritiker eine umfassende Kritik des Hegelschen Systems auch nur
versuchte, sosehr Jeder von ihnen behauptet, über Hegel hinaus zu sein.
Ihre Polemik gegen Hegel und gegeneinander beschränkt sich darauf, daß
Jeder eine Seite des Hegelschen Systems herausnimmt und diese sowohl
gegen das ganze System wie gegen die von den Andern herausgenommenen
Seiten wendet. Im Anfange nahm man reine, unverfälschte Hegelsche
Kategorien heraus, wie Substanz und Selbstbewußtsein, später
profanierte man diese Kategorien durch weltlichere Namen, wie Gattung,
der Einzige, der Mensch etc.
Die gesamte deutsche philosophische Kritik von Strauß bis Stirner
beschränkt sich auf Kritik der religiösen Vorstellungen (3). Man ging
aus von der wirklichen Religion und eigentlichen Theologie. Was
religiöses Bewußtsein, religiöse Vorstellung sei, wurde im weiteren
Verlauf verschieden bestimmt. Der Fortschritt bestand darin, die
angeblich herrschenden metaphysischen, politischen, rechtlichen,
moralischen und andern Vorstellungen auch unter die Sphäre der
religiösen oder theologischen Vorstellungen zu subsumieren; ebenso das
politische, rechtliche, moralische Bewußtsein für religiöses oder
theologisches Bewußtsein, und den politischen, rechtlichen, moralischen
Menschen, in letzter Instanz "den Menschen", für religiös zu erklären.
Die Herrschaft der Religion wurde vorausgesetzt. Nach und nach wurde
jedes herrschende Verhältnis für ein Verhältnis der Religion erklärt
und in Kultus verwandelt, Kultus des Rechts, Kultus des Staats pp.
Überall hatte man es nur mit Dogmen und dem Glauben an Dogmen zu tun.
Die Welt wurde in immer größerer Ausdehnung kanonisiert, bis endlich
der ehrwürdige Sankt Max sie en bloc heiligsprechen und damit ein für
allemal abfertigen konnte.
Die Althegelianer hatten Alles begriffen, sobald es auf eine Hegelsche
logische Kategorie zurückgeführt war. Die Junghegelianer kritisierten
Alles, indem sie ihm religiöse Vorstellungen unterschoben oder es für
theologisch erklärten. Die Junghegelianer stimmen mit den
Althegelianern überein in dem Glauben an die Herrschaft der Religion,
der Begriffe, des Allgemeinen in der bestehenden Welt. Nur bekämpfen
die Einen die Herrschaft als Usurpation, welche die Andern als legitim
feiern,
Da bei diesen Junghegelianern die Vorstellungen, Gedanken,
Begriffe,überhaupt die Produkte des von ihnen verselbständigten
Bewußtseins für die eigentlichen Fesseln der Menschen gelten, gerade
wie sie bei den Althegelianern für die wahren Bande der menschlichen
Gesellschaft erklärt werden, so versteht es sich, daß die
Junghegelianer auch nur gegen diese Illusionen des Bewußtseins zu
kämpfen haben. Da nach ihrer Phantasie die Verhältnisse der Menschen,
ihr ganzes Tun und Treiben, ihre Fesseln und Schranken Produkte ihres
Bewußtseins sind, so stellen die Junghegelianer konsequenterweise das
moralische Postulat an sie, ihr gegenwärtiges Bewußtsein mit dem
menschlichen, kritischen oder egoistischen Bewußtsein zu vertauschen
und dadurch ihre Schranken zu beseitigen. Diese Forderung, das
Bewußtsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende
anders zu interpretieren, d.h. es vermittelst einer andren
Interpretation anzuerkennen. Die junghegelschen Ideologen sind trotz
ihrer angeblich "welterschütternden" Phrasen die größten Konservativen.
Die jüngsten von ihnen haben den richtigen Ausdruck für ihre Tätigkeit
gefunden, wenn sie behaupten, nur gegen "Phrasen" zu kämpfen. Sie
vergessen nur, daß sie diesen Phrasen selbst nichts als Phrasen
entgegensetzen, und daß sie die wirkliche bestehende Welt keineswegs
bekämpfen, wenn sie nur die Phrasen dieser Welt bekämpfen. Die einzigen
Resultate, wozu diese philosophische Kritik es bringen konnte, waren
einige und noch dazu einseitige religionsgeschichtliche Aufklärungen
über das Christentum; ihre sämtlichen sonstigen Behauptungen sind nur
weitere Ausschmückungen ihres Anspruchs, mit diesen unbedeutenden
Aufklärungen welthistorische Entdeckungen geliefert zu haben.
Keinem von diesen Philosophen ist es eingefallen, nach dem
Zusammenhange der deutschen Philosophie mit der deutschen Wirklichkeit,
nach dem Zusammenhange ihrer Kritik mit ihrer eignen materiellen
Umgebung zu fragen.
[2.]
(3a) Die Voraussetzungen, mit denen wir beginnen, sind keine willkürlichen,
keine Dogmen, es sind wirkliche Voraussetzungen, von denen man nur in
der Einbildung abstrahieren kann. Es sind die wirklichen Individuen,
ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen, sowohl die
vorgefundenen wie die durch ihre eigne Aktion erzeugten. Diese
Voraussetzungen sind also (4a) auf rein empirischem Wege konstatierbar.
Die erste Voraussetzung aller Menschengeschichte ist natürlich die
Existenz lebendiger menschlicher Individuen. [Der erste geschichtliche
Akt dieser Individuen, wodurch sie sich von den Tieren unterscheiden,
ist nicht, daß sie denken, sondern, daß sie anfangen, ihre Lebensmittel
zu produzieren.] Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die
körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes
Verhältnis zur übrigen Natur. Wir können hier natürlich weder auf die
physische Beschaffenheit der Menschen selbst noch auf die von den
Menschen vorgefundenen Naturbedingungen, die geologischen,
orohydrographischen, klimatischen und andern Verhältnisse, eingehen.
[Diese Verhältnisse bedingen aber nicht nur die ursprüngliche,
naturwüchsige Organisation der Menschen, namentlich die
Rassenunterschiede, sondern auch ihre ganze weitere Entwicklung oder
Nicht-Entwicklung bis auf den heutigen Tag.] Alle Geschichtschreibung
muß von diesen natürlichen Grundlagen und
ihrer Modifikation im Lauf der Geschichte durch die Aktion der Menschen
ausgehen.
Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch
was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an,
sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre
Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche
Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel
produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst.
Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt
zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu
reproduzierenden Lebensmittel selbst ab.
(5a) Diese Weise der Produktion ist
nicht bloß nach der Seite hin zu betrachten, daß sie die Reproduktion
der physischen Existenz der Individuen ist. Sie ist vielmehr schon eine
bestimmte Art der Tätigkeit dieser Individuen, eine bestimmte Art, ihr
Leben zu äußern, eine bestimmte Lebensweise derselben. Wie die
Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also
zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als
auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das
hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion.
Diese Produktion tritt erst ein mit der Vermehrung der Bevölkerung. Sie
setzt selbst wieder einen Verkehr der Individuen untereinander voraus.
Die Form dieses Verkehrs ist wieder durch die Produktion bedingt.
[3.]
(3) Die Beziehungen verschiedener Nationen untereinander hängen davon ab,
wie weit jede von ihnen ihre Produktivkräfte, die Teilung der Arbeit
und den innern Verkehr entwickelt hat. Dieser Satz ist allgemein
anerkannt. Aber nicht nur die Beziehung einer Nation zu anderen,
sondern auch die ganze innere Gliederung dieser Nation selbst hängt von
der Entwicklungsstufe ihrer Produktion und ihres innern und äußern
Verkehrs ab. Wie weit die Produktionskräfte einer Nation entwickelt
sind, zeigt am augenscheinlichsten der Grad, bis zu dem die
Teilung der Arbeit entwickelt ist. Jede neue Produktivkraft, sofern sie
nicht eine bloß quantitative Ausdehnung der bisher schon bekannten
Produktivkräfte ist (z.B. Urbarmachung von Ländereien), hat eine neue
Ausbildung der Teilung der Arbeit zur Folge.
Die Teilung der Arbeit innerhalb einer Nation führt zunächst die
Trennung der industriellen und kommerziellen von der ackerbauenden
Arbeit und damit die Trennung von Stadt und Land und den Gegensatz der
Interessen Beider herbei. Ihre weitere Entwicklung führt zur Trennung
der kommerziellen Arbeit von der industriellen. Zu gleicher Zeit
entwickeln sich durch die Teilung der Arbeit innerhalb dieser
verschiednen Branchen wieder verschiedene Abteilungen unter den zu
bestimmten Arbeiten zusammenwirkenden Individuen. Die Stellung dieser
einzelnen Abteilungen gegeneinander ist bedingt durch die Betriebsweise
der ackerbauenden, industriellen und kommerziellen Arbeit
(Patriarchalismus, Sklaverei, Stände, Klassen). Dieselben Verhältnisse
zeigen sich bei entwickelterem Verkehr in den Beziehungen verschiedner
Nationen zueinander.
Die verschiedenen Entwicklungsstufen der Teilung der Arbeit sind
ebensoviel verschiedene Formen des Eigentums; d.h., die jedesmalige
Stufe der Teilung der Arbeit bestimmt auch die Verhältnisse der
Individuen zueinander in Beziehung auf das Material, Instrument und
Produkt der Arbeit.
Die erste Form des Eigentums ist das Stammeigentum. Es entspricht der
unentwickelten Stufe der Produktion, auf der ein Volk von Jagd und
Fischfang, von Viehzucht oder höchstens vom Ackerbau sich nährt. Es
setzt in diesem letzteren Falle eine große Masse unbebauter Ländereien
voraus. Die Teilung der Arbeit ist auf dieser Stufe noch sehr wenig
entwickelt und beschränkt sich auf eine weitere Ausdehnung der in der
Familie gegebenen naturwüchsigen Teilung der Arbeit. Die
gesellschaftliche Gliederung beschränkt sich daher auf eine Ausdehnung
der Familie: patriarchalische Stammhäupter, unter ihnen die
Stammitglieder, endlich Sklaven. Die in der Familie latente Sklaverei
entwickelt sich erst allmählich mit der Vermehrung der Bevölkerung und
der Bedürfnisse und mit der Ausdehnung des äußern Verkehrs, sowohl des
Kriegs wie des Tauschhandels.
Die zweite Form ist das antike Gemeinde- und Staatseigentum, das
namentlich aus der Vereinigung mehrerer Stämme zu einer Stadt durch
Vertrag oder Eroberung hervorgeht und bei dem die Sklaverei
fortbestehen bleibt. Neben dem Gemeindeeigentum entwickelt sich schon
das mobile und später auch das immobile Privateigentum, aber als eine
abnorme, dem Gemeindeeigentum untergeordnete Form. Die Staatsbürger
besitzen nur in ihrer Gemeinschaft die Macht über ihre arbeitenden
Sklaven und sind schon deshalb an die Form des
Gemeindeeigentums gebunden. Es ist das gemeinschaftliche Privateigentum
der aktiven Staatsbürger, die den Sklaven gegenüber gezwungen sind, in
dieser naturwüchsigen Weise der Assoziation zu bleiben. Daher verfällt
die ganze hierauf basierende Gliederung der Gesellschaft und mit ihr
die Macht des Volks in demselben Grade, in dem namentlich das immobile
Privateigentum sich entwickelt. Die Teilung der Arbeit ist schon
entwickelter. Wir finden schon den Gegensatz von Stadt und Land, später
den Gegensatz zwischen Staaten, die das städtische und die das
Landinteresse repräsentieren, und innerhalb der Städte selbst den
Gegensatz zwischen Industrie und Seehandel. Das Klassenverhältnis
zwischen Bürgern und Sklaven ist vollständig ausgebildet.
Mit der Entwicklung des Privateigentums treten hier zuerst dieselben
Verhältnisse ein, die wir beim modernen Privateigentum, nur in
ausgedehnterem Maßstabe, wiederfinden werden. Einerseits die
Konzentration des Privateigentums, die in Rom sehr früh anfing (Beweis
das licinische Ackergesetz), seit den Bürgerkriegen und namentlich
unter den Kaisern sehr rasch vor sich ging; andrerseits im
Zusammenhange hiermit die Verwandlung der plebejischen kleinen Bauern
in ein Proletariat, das aber bei seiner halben Stellung zwischen
besitzenden Bürgern und Sklaven zu keiner selbständigen Entwicklung kam.
Die dritte Form ist das feudale oder ständische Eigentum. Wenn das
Altertum von der Stadt und ihrem kleinen Gebiet ausging, so ging das
Mittelalter vom Lande aus. Die vorgefundene dünne, über eine große
Bodenfläche zersplitterte Bevölkerung, die durch die Eroberer keinen
großen Zuwachs erhielt, bedingte diesen veränderten Ausgangspunkt. Im
Gegensatz zu Griechenland und Rom beginnt die feudale Entwicklung daher
auf einem viel ausgedehnteren, durch die römischen Eroberungen und die
anfangs damit verknüpfte Ausbreitung der Agrikultur vorbereiteten
Terrain. Die letzten Jahrhunderte des verfallenden römischen Reichs und
die Eroberung durch die Barbaren selbst zerstörten eine Masse von
Produktivkräften; der Ackerbau war gesunken, die Industrie aus Mangel
an Absatz verfallen, der Handel eingeschlafen oder gewaltsam
unterbrochen, die ländliche und städtische Bevölkerung hatte
abgenommen. Diese vorgefundenen Verhältnisse und die dadurch bedingte
Weise der Organisation der Eroberung entwickelten unter dem Einflusse
der germanischen Heerverfassung das feudale Eigentum. Es beruht, wie
das Stamm- und Gemeindeeigentum, wieder auf einem Gemeinwesen, dem aber
nicht wie dem antiken die Sklaven, sondern die leibeignen kleinen
Bauern als unmittelbar produzierende Klasse gegenüberstehen. Zugleich
mit der vollständigen Ausbildung des Feudalismus tritt noch der
Gegensatz gegen die Städte hinzu. Die hierarchische Gliederung des
Grundbesitzes und die damit zusammenhängenden bewaffneten
Gefolgschaften gaben dem Adel die Macht über die Leibeignen. Diese
feudale Gliederung war ebensogut wie das antike Gemeindeeigentum eine
Assoziation gegenüber der beherrschten produzierenden Klasse; nur war
die Form der Assoziation und das Verhältnis zu den unmittelbaren
Produzenten verschieden, weil verschiedene Produktionsbedingungen
vorlagen.
Dieser feudalen Gliederung des Grundbesitzes entsprach in den Städten
das korporative Eigentum, die feudale Organisation des Handwerks. Das
Eigentum (4) bestand hier hauptsächlich in der Arbeit jedes Einzelnen. Die
Notwendigkeit der Assoziation gegen den assoziierten Raubadel, das
Bedürfnis gemeinsamer Markthallen in einer Zeit, wo der Industrielle
zugleich Kaufmann war, die wachsende Konkurrenz der den aufblühenden
Städten zuströmenden entlaufnen Leibeignen, die feudale Gliederung des
ganzen Landes führten die Zünfte herbei; die allmählich ersparten
kleinen Kapitalien einzelner Handwerker und ihre stabile Zahl bei der
wachsenden Bevölkerung entwickelten das Gesellen- und
Lehrlingsverhältnis, das in den Städten eine ähnliche Hierarchie
zustande brachte wie die auf dem Lande.
Das Haupteigentum bestand während der Feudalepoche also in
Grundeigentum mit daran geketteter Leibeignenarbeit einerseits und
eigner Arbeit mit kleinem, die Arbeit von Gesellen beherrschendem
Kapital andrerseits. Die Gliederung von Beiden war durch die bornierten
Produktionsverhältnisse - die geringe und rohe Bodenkultur und die
handwerksmäßige Industrie - bedingt. Teilung der Arbeit fand in der
Blüte des Feudalismus wenig statt. Jedes Land hatte den Gegensatz von
Stadt und Land in sich; die Ständegliederung war allerdings sehr scharf
ausgeprägt, aber außer der Scheidung von Fürsten, Adel, Geistlichkeit
und Bauern auf dem Lande und Meistern, Gesellen, Lehrlingen und bald
auch Taglöhnerpöbel in den Städten fand keine bedeutende Teilung statt.
Im Ackerbau war sie durch die parzellierte Bebauung erschwert, neben
der die Hausindustrie der Bauern selbst aufkam, in der Industrie war
die Arbeit in den einzelnen Handwerken selbst gar nicht, unter ihnen
sehr wenig geteilt. Die Teilung von Industrie und Handel wurde n
älteren Städten vorgefunden, entwickelte sich in den neueren erst
später, als die Städte unter sich in Beziehung traten.
Die Zusammenfassung größerer Länder zu feudalen Königreichen war für
den Grundadel wie für die Städte ein Bedürfnis. Die Organisation der
herrschenden Klasse, des Adels, hatte daher überall einen Monarchen an
der Spitze.
[4.]
(5) Die Tatsache ist also die: bestimmte Individuen, die auf bestimmte
Weise produktiv tätig sind, gehen diese bestimmten gesellschaftlichen
und politischen Verhältnisse ein. Die empirische Beobachtung muß in
jedem einzelnen Fall den Zusammenhang der gesellschaftlichen und
politischen Gliederung mit der Produktion empirisch und ohne alle
Mystifikation und Spekulation aufweisen. Die gesellschaftliche
Gliederung und der Staat gehen beständig aus dem Lebensprozeß
bestimmter Individuen hervor; aber dieser Individuen, nicht wie sie in
der eignen oder fremden Vorstellung erscheinen mögen, sondern wie sie
wirklich sind, d.h. wie sie wirken, materiell produzieren, also wie sie
unter bestimmten materiellen und von ihrer Willkür unabhängigen
Schranken, Voraussetzungen und Bedingungen tätig sind .
[Die
Vorstellungen, die sich diese Individuen machen, sind Vorstellungen entweder über ihr Verhältnis zur
Natur oder über ihr Verhältnis untereinander, oder über ihre eigne
Beschaffenheit. Es ist einleuchtend, daß in allen diesen Fällen diese
Vorstellungen der - wirkliche oder illusorische - bewußte Ausdruck ihrer wirklichen Verhältnisse und Betätigung, ihrer
Produktion, ihres Verkehrs, ihrer
gesellschaftlichen und politischen Organisation sind. Die entgegengesetzte Annahme ist nur dann möglich,
wenn man außer dem Geist der wirklichen, materiell bedingten Individuen
noch einen aparten Geist voraussetzt. Ist der bewußte Ausdruck der
wirklichen Verhältnisse dieser Individuen illusorisch, stellen sie in
ihren Vorstellungen ihre Wirklichkeit auf den Kopf, so ist dies
wiederum eine Folge ihrer bornierten materiellen Betätigungsweise und ihrer daraus entspringenden bornierten
gesellschaftlichen Verhältnisse.]
Die Produktion der Ideen, Vorstellungen, des Bewußtseins ist
zunächst
unmittelbar verflochten in die materielle Tätigkeit und den materiellen
Verkehr der Menschen, Sprache des wirklichen Lebens. Das Vorstellen,
Denken, der geistige Verkehr der Menschen erscheinen hier noch als
direkter Ausfluß ihres materiellen Verhaltens. Von der geistigen
Produktion, wie sie in der Sprache der Politik, der Gesetze, der Moral,
der Religion, Metaphysik usw. eines Volkes sich darstellt, gilt
dasselbe. Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen
pp., aber die wirklichen, wirkenden Menschen, wie sie bedingt sind
durch eine bestimmte Entwicklung ihrer Produktivkräfte und des
denselben entsprechenden Verkehrs bis zu seinen weitesten Formationen
hinauf. [Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen
pp., und zwar die Menschen, wie sie durch die Weise der Produktion des
ihres materiellen Lebens, durch ihren materiellen Verkehr und seine
weitere Ausbildung in der gesellschaftlichen und politischen Gliederung
bedingt sind.] Das Bewußtsein kann nie etwas Andres sein als das
bewußte Sein,
und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß. Wenn in der
ganzen Ideologie die Menschen und ihre Verhältnisse wie in einer Camera
obscura auf den Kopf gestellt erscheinen, so geht dies Phänomen
ebensosehr aus ihrem historischen Lebensprozeß hervor, wie die
Umdrehung der Gegenstände auf der Netzhaut aus ihrem unmittelbar
physischen.
Ganz im Gegensatz zur deutschen Philosophie, welche vom Himmel auf die
Erde herabsteigt, wird hier von der Erde zum Himmel gestiegen. D.h., es
wird nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden,
sich vorstellen, auch nicht von den gesagten, gedachten, eingebildeten,
vorgestellten Menschen, um davon aus bei den leibhaftigen Menschen
anzukommen; es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und
aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der
ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt.
Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige
Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an
materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses. Die Moral,
Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen
entsprechenden Bewußtseinsformen behalten hiermit nicht
länger den Schein der Selbständigkeit. Sie haben keine Geschichte, sie
haben keine Entwicklung, sondern die ihre materielle Produktion und
ihren materiellen Verkehr entwickelnden Menschen ändern mit dieser
ihrer Wirklichkeit auch ihr Denken und die Produkte ihres Denkens.
Nicht das Bewußtsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das
Bewußtsein. In der ersten Betrachtungsweise geht man von dem Bewußtsein
als dem lebendigen Individuum aus, in der zweiten, dem wirklichen Leben
entsprechenden, von den wirklichen lebendigen Individuen selbst und
betrachtet das Bewußtsein nur als ihr Bewußtsein.
Diese Betrachtungsweise ist nicht voraussetzungslos. Sie geht von den
wirklichen Voraussetzungen aus, sie verläßt sie keinen Augenblick. Ihre
Voraussetzungen sind die Menschen nicht in irgendeiner phantastischen
Abgeschlossenheit und Fixierung, sondern in ihrem wirklichen, empirisch
anschaulichen Entwicklungsprozeß unter bestimmten Bedingungen. Sobald
dieser tätige Lebensprozeß dargestellt wird, hört die Geschichte auf,
eine Sammlung toter Fakta zu sein, wie bei den selbst noch abstrakten
Empirikern, oder eine eingebildete Aktion eingebildeter Subjekte, wie
bei den Idealisten.
Da, wo die Spekulation aufhört, beim wirklichen Leben, beginnt also die
wirkliche, positive Wissenschaft, die Darstellung der praktischen
Betätigung, des praktischen Entwicklungsprozesses der Menschen. Die
Phrasen vom Bewußtsein hören auf, wirkliches Wissen muß an ihre Stelle
treten. Die selbständige Philosophie verliert mit der Darstellung der
Wirklichkeit ihr Existenzmedium. An ihre Stelle kann höchstens eine
Zusammenfassung der allgemeinsten Resultate treten, die sich aus der
Betrachtung der historischen Entwicklung der Menschen abstrahieren
lassen. Diese Abstraktionen haben für sich, getrennt von der wirklichen
Geschichte, durchaus keinen Wert. Sie können nur dazu dienen, die
Ordnung des geschichtlichen Materials zu erleichtern, die Reihenfolge
seiner einzelnen Schichten anzudeuten. Sie geben aber keineswegs, wie
die Philosophie, ein Rezept oder Schema, wonach die geschichtlichen
Epochen zurechtgestutzt werden können. Die Schwierigkeit beginnt im
Gegenteil erst da, wo man sich an die Betrachtung und Ordnung des
Materials, sei es einer vergangnen Epoche oder der Gegenwart, an die
wirkliche Darstellung gibt. Die Beseitigung dieser Schwierigkeiten ist
durch Voraussetzungen bedingt, die keineswegs hier gegeben werden
können, sondern die erst aus dem Studium des wirklichen Lebensprozesses
und der Aktion der Individuen jeder Epoche sich ergeben. Wir nehmen
hier einige dieser Abstraktionen heraus, die wir gegenüber der
Ideologie gebrauchen, und werden sie an historischen Beispielen
erläutern.
[II]
[1.]
(1) Wir werden uns natürlich nicht die Mühe geben,unsere weisen
Philosophen darüber aufzuklären,daß die "Befreiung" des "Menschen"
damit noch um keinen Schritt weiter gekommen ist,wenn sie
Philosophie,Theologie,Substanz und den ganzen Unrath in das
"Selbstbewußtsein" aufgelöst,wenn sie den "Menschen" von der Herrschaft
dieser Phrasen,unter der er nie geknechtet war,befreit haben;daß es
nicht möglich ist,eine wirkliche Befreiung anders als in der wirklichen
Welt und mit wirklichen Mitteln durchzusetzen,daß man die Sklaverei
nicht aufheben kann ohne die Dampfmaschine und die Mule-Jennz,die
Leibeigenschaft nicht ohne verbesserten Acherbau,daß man überhaupt die
Menschen nicht befreien kann,solange sie nicht im Stande sind,sich
Essen und Trinken,Wohnung und Kleidung in vollständiger Qualität und
Quantität zu verschaffen. Die "Befreiung" ist eine geschichtliche
Tat,keine Gedankentat,und sie wird bewirkt durch geschichtliche
Verhältnisse,durch den Stand der Industrie, des Handels,des
Ackerbaus,des
Verkehrs... (2) dann nachträglich,je nach ihren verschiednen
Entwicklungsstufen,den Unsinn von Substanz,Subjekt,Selbstbewußtsein und
reiner Kritik gerade wie den religiösen und theologischen
Unsinn,und beseitigen ihn nachher wieder,wenn sie weit genug
entwickelt sind.Natürlich ersetzen in einem Land wie Deutschland,wo nur
eine lumpige geschichtliche Entwickelung vor sich geht,diese
Gedankenentwicklungen,diese verklärten und tatlosen Lumpereien den
Mangel der geschichtlichen,setzen sich fest und müssen bekämft
werden. Aber das ist ein Kampt von lokaler Bedeutung.
[2.]
...(8) [...] sich in Wirklichkeit und für den praktischen
Materialisten, d.h. Kommunisten, darum handelt, die bestehende Welt zu
revolutionieren, die vorgefundnen Dinge praktisch anzugreifen und zu
verändern. Wenn bei Feuerbach sich zuweilen derartige Anschauungen
finden, so gehen sie doch nie über vereinzelte Ahnungen hinaus und
haben auf seine allgemeine Anschauungsweise viel zuwenig Einfluß, als
daß sie hier anders denn als entwicklungsfähige Keime in Betracht
kommen könnten. Feuerbachs "Auffassung" der sinnlichen Welt beschränkt
sich einerseits auf die bloße Anschauung derselben und andrerseits auf
die bloße Empfindung, er sagt "den Menschen" statt die "wirklichen
historischen Menschen". "Der Mensch" ist realiter <in
Wirklichkeit> "der Deutsche". Im ersten Falle, in der Anschauung der
sinnlichen Welt, stößt er notwendig auf Dinge, die seinem Bewußtsein
und seinem Gefühl widersprechen, die die von ihm vorausgesetzte
Harmonie aller Teile der sinnlichen Welt und namentlich des Menschen
mit der Natur stören. Um diese zu beseitigen, muß er dann zu einer
doppelten Anschauung seine Zuflucht nehmen, zwischen einer profanen,
die nur das "auf platter Hand Liegende", und einer höheren,
philosophischen, die das "wahre Wesen" der Dinge erschaut. Er sieht
nicht, wie die ihn umgehende sinnliche Welt nicht ein unmittelbar von
Ewigkeit her gegebenes, sich stets gleiches Ding ist, sondern das
Produkt der Industrie und des Gesellschaftszustandes, und zwar in dem
Sinne, daß sie ein geschichtliches Produkt ist, das Resultat der
Tätigkeit einer ganzen Reihe von Generationen, deren Jede auf den
Schultern der vorhergehenden stand, ihre Industrie und ihren Verkehr
weiter ausbildete, ihre soziale Ordnung nach den veränderten
Bedürfnissen modifizierte. Selbst die Gegenstände der einfachsten
"sinnlichen Gewißheit" sind ihm nur durch die gesellschaftliche
Entwicklung, die Industrie und den kommerziellen Verkehr gegeben. Der
Kirschbaum ist, wie fast alle Obstbäume, bekanntlich erst vor wenig
Jahrhunderten durch den Handel in unsre Zone verpflanzt worden und
wurde deshalb (9) erst durch diese Aktion einer bestimmten Gesellschaft in
einer bestimmten Zeit der "sinnlichen Gewißheit" Feuerbachs gegeben.
Übrigens löst sich in dieser Auffassung der Dinge, wie sie wirklich
sind und geschehen sind, wie sich weiter unten noch deutlicher zeigen
wird, jedes tiefsinnige philosophische Problem ganz einfach in ein
empirisches Faktum auf. Z.B. die wichtige Frage über das Verhältnis des
Menschen zur Natur (oder gar, wie Bruno sagt (p. 110), die "Gegensätze
in Natur und Geschichte", als ob das zwei voneinander getrennte "Dinge"
seien, der Mensch nicht immer eine geschichtliche Natur und eine
natürliche Geschichte vor sich habe), aus der alle die "unergründlich
hohen Werke" über "Substanz" und "Selbstbewußtsein" hervorgegangen
sind, zerfällt von selbst in der Einsicht, daß die vielberühmte
"Einheit des Menschen mit der Natur" in der Industrie von jeher
bestanden und in jeder Epoche je nach der geringeren oder größeren
Entwicklung der Industrie anders bestanden hat, ebenso wie der "Kampf"
des Menschen mit der Natur, bis zur Entwicklung seiner Produktivkräfte
auf einer entsprechenden Basis. Die Industrie und der Handel, die
Produktion und der Austausch der Lebensbedürfnisse bedingen ihrerseits
und werden wiederum in der Art ihres Betriebes bedingt durch die Distribution, die Gliederung der verschiedenen
gesellschaftlichen Klassen - und so kommt es denn, daß Feuerbach in
Manchester z.B. nur Fabriken und Maschinen sieht, wo vor hundert Jahren
nur Spinnräder und Webstühle zu sehen waren, oder in der Campagna di
Roma nur Viehweiden und Sümpfe entdeckt, wo er zur Zeit des Augustus
nichts als Weingärten und Villen römischer Kapitalisten gefunden hätte.
Feuerbach spricht namentlich von der Anschauung der Naturwissenschaft,
er erwähnt Geheimnisse, die nur dem Auge des Physikers und Chemikers
offenbar werden; aber wo wäre ohne Industrie und Handel die
Naturwissenschaft? Selbst diese "reine" Naturwissenschaft erhält ja
ihren Zweck sowohl wie ihr Material erst durch Handel und Industrie,
durch sinnliche Tätigkeit der Menschen. So sehr ist diese Tätigkeit,
dieses fortwährende sinnliche Arbeiten und Schaffen, diese Produktion
die Grundlage der ganzen sinnlichen Welt, wie sie jetzt existiert, daß,
wenn sie auch nur für ein Jahr unterbrochen würde, Feuerbach eine
ungeheure Veränderung nicht nur in der natürlichen Welt vorfinden,
sondern auch die ganze Menschenwelt und sein eignes
Anschauungsvermögen, ja seine Eigne Existenz sehr bald vermissen würde.
Allerdings bleibt dabei die Priorität der äußeren Natur bestehen, und
allerdings hat dies Alles keine Anwendung auf die ursprünglichen, durch
generatio aequivoca <Urzeugung> erzeugten Menschen; aber diese
Unterscheidung hat nur insofern Sinn, als man den Menschen als von der
Natur unterschieden betrachtet. Übrigens ist diese der menschlichen
Geschichte vorhergehende Natur ja nicht die Natur, in der Feuerbach
lebt, nicht die Natur, die heutzutage, ausgenommen etwa auf einzelnen
australischen Koralleninseln neueren Ursprungs, nirgends mehr
existiert, also auch für Feuerbach nicht existiert.
Feuerbach hat (10) allerdings den großen Vorzug vor den "reinen"
Materialisten, daß er einsieht, wie auch der Mensch "sinnlicher
Gegenstand" ist; aber abgesehen davon, daß er ihn nur als "sinnlichen
Gegenstand", nicht als "sinnliche Tätigkeit" faßt, da er sich auch
hierbei in der Theorie hält, die Menschen nicht in ihrem gegebenen
gesellschaftlichen Zusammenhange, nicht unter ihren vorliegenden
Lebensbedingungen, die sie zu Dem gemacht haben, was sie sind, auffaßt,
so kommt er nie zu den wirklich existierenden, tätigen Menschen,
sondern bleibt bei dem Abstraktum "der Mensch" stehen und bringt es nur
dahin, den "wirklichen, individuellen, leibhaftigen Menschen" in der
Empfindung anzuerkennen, d.h., er kennt keine andern "menschlichen
Verhältnisse" "des Menschen zum Menschen", als Liebe und Freundschaft,
und zwar idealisiert. Gibt keine Kritik der jetzigen
Lebensverhältnisse. Er kommt also nie dazu, die sinnliche Welt als die
gesamte lebendige sinnliche Tätigkeit der sie ausmachenden Individuen
aufzufassen, und ist daher gezwungen, wenn er z.B. statt gesunder
Menschen einen Haufen skrofulöser, überarbeiteter und schwindsüchtiger
Hungerleider sieht, da zu der "höheren Anschauung" und zur ideellen
"Ausgleichung in der Gattung" seine Zuflucht zu nehmen, also gerade da
in den Idealismus zurückzufallen, wo der kommunistische Materialist die
Notwendigkeit und zugleich die Bedingung einer Umgestaltung sowohl der
Industrie wie der gesellschaftlichen Gliederung sieht.
Soweit Feuerbach Materialist ist, kommt die Geschichte bei ihm nicht
vor, und soweit er die Geschichte in Betracht zieht, ist er kein
Materialist. Bei ihm fallen Materialismus und Geschichte ganz
auseinander, was sich übrigens schon aus dem Gesagten erklärt.
[Wenn wir nun dennoch auf die Geschichte hier näher eingehen, so
geschieht es deshalb, weil die Deutschen gewohnt sind bei den Worten
Geschichte und geschichtlich sich alles Mögliche, nur nicht das
Wirkliche vorzustellen, wovon namentlich der "kanzelberedsamkeitliche"
Sankt Bruno ein glänzendes Exempel ablegt.]
[3.]
(11) Wir müssen bei den voraussetzungslosen Deutschen damit anfangen,
daß wir die erste Voraussetzung aller menschlichen Existenz, also auch
aller Geschichte konstatieren, nämlich die Voraussetzung, daß die
Menschen imstande sein müssen zu leben, um "Geschichte machen" zu
können . Zum Leben aber gehört vor Allem Essen und Trinken, Wohnung,
Kleidung und noch einiges Andere. Die erste geschichtliche Tat ist also
die Erzeugung der Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse, die
Produktion des materiellen Lebens selbst, und zwar ist dies eine
geschichtliche Tat, eine Grundbedingung aller Geschichte, die noch
heute, wie vor Jahrtausenden, täglich und stündlich erfüllt werden muß,
um die Menschen nur am Leben zu erhalten. Selbst wenn die Sinnlichkeit,
wie heim heiligen Bruno, auf einen Stock, auf das Minimum reduziert
ist, setzt sie die Tätigkeit der Produktion dieses Stockes voraus. Das
Erste also bei aller geschichtlichen Auffassung ist, daß man diese
Grundtatsache in ihrer ganzen Bedeutung und ihrer ganzen Ausdehnung
beobachtet und zu ihrem Rechte kommen läßt. Dies haben die Deutschen
bekanntlich nie getan, daher nie eine irdische Basis für die Geschichte
und folglich nie einen Historiker gehabt. Die Franzosen und Engländer,
wenn sie auch den Zusammenhang dieser Tatsache mit der sogenannten
Geschichte nur höchst einseitig auffaßten, namentlich solange sie in
der politischen Ideologie befangen waren, so haben sie doch immerhin
die ersten Versuche gemacht, der Geschichtschreibung eine
materialistische Basis zu geben, indem sie zuerst Geschichten der
bürgerlichen Gesellschaft, des Handels und der Industrie schrieben.
Das Zweite ist, (12) daß das befriedigte erste Bedürfnis selbst, die
Aktion der Befriedigung und das schon erworbene Instrument der
Befriedigung zu neuen Bedürfnissen führt - und diese Erzeugung neuer
Bedürfnisse ist die erste geschichtliche Tat. Hieran zeigt sich
sogleich, wes Geistes Kind die große historische Weisheit der Deutschen
ist, die da, wo ihnen das positive Material ausgeht und wo weder
theologischer noch politischer noch literarischer Unsinn verhandelt
wird, gar keine Geschichte, sondern die "vorgeschichtliche Zeit" sich
ereignen lassen, ohne uns indes darüber aufzuklären, wie man aus diesem
Unsinn der "Vorgeschichte" in die eigentliche Geschichte kommt - obwohl
auf der andern Seite ihre historische Spekulation sich ganz besonders
auf diese "Vorgeschichte" wirft, weil sie da sicher zu sein glaubt vor
den Eingriffen des "rohen Faktums" und zugleich, weil sie hier ihrem
spekulierenden Triebe alle Zügel schießen lassen und Hypothesen zu
Tausenden erzeugen und umstoßen kann.
Das dritte Verhältnis, was hier gleich von vornherein in die
geschichtliche Entwicklung eintritt, ist das, daß die Menschen, die ihr
eignes Leben täglich neu machen, anfangen, andre Menschen zu machen,
sich fortzupflanzen das Verhältnis zwischen Mann und Weib, Eltern und
Kindern, die Familie.
Diese Familie, die im Anfange das einzige soziale Verhältnis ist, wird
späterhin, wo die vermehrten Bedürfnisse neue gesellschaftliche
Verhältnisse, und die vermehrte Menschenzahl neue Bedürfnisse erzeugen,
zu einem untergeordneten (ausgenommen in Deutschland) und muß alsdann
nach den existierenden empirischen Daten, nicht nach dem "Begriff der
Familie", wie man in Deutschland zu tun pflegt, behandelt und
entwickelt werden.
Übrigens sind diese drei Seiten der sozialen Tätigkeit nicht als drei
verschiedene Stufen zu fassen, sondern eben nur als drei Seiten, oder
um für die Deutschen klar zu schreiben, drei "Momente", die vom
Anbeginn der Geschichte an und seit den ersten Menschen zugleich
existiert haben und sich noch heute in der Geschichte geltend machen.
Die Produktion des Lebens, sowohl des eignen in der Arbeit wie des
fremden in der Zeugung, erscheint nun schon sogleich (13) als ein
doppeltes Verhältnis - einerseits als natürliches, andrerseits als
gesellschaftliches Verhältnis -, gesellschaftlich in dem Sinne, als
hierunter das Zusammenwirken mehrerer Individuen, gleichviel unter
welchen Bedingungen, auf welche Weise und zu welchem Zweck, verstanden
wird. Hieraus geht hervor, daß eine bestimmte Produktionsweise oder
industrielle Stufe stets mit einer bestimmten Weise des Zusammenwirkens
oder gesellschaftlichen Stufe vereinigt ist, und diese Weise des
Zusammenwirkens ist selbst eine "Produktivkraft", daß die Menge der den
Menschen zugänglichen Produktivkräfte den gesellschaftlichen Zustand
bedingt und also die "Geschichte der Menschheit" stets im Zusammenhange
mit der Geschichte der Industrie und des Austausches studiert und
bearbeitet werden muß. Es ist aber auch klar, wie es in Deutschland
unmöglich ist, solche Geschichte zu schreiben, da den Deutschen dazu
nicht nur die Auffassungsfähigkeit und das Material, sondern auch die
"sinnliche Gewißheit" abgeht und man jenseits des Rheins über diese
Dinge keine Erfahrungen machen kann, weil dort keine Geschichte mehr
vorgeht. Es zeigt sich also schon von vornherein ein materialistischer
Zusammenhang der Menschen untereinander, der durch die Bedürfnisse und
die Weise der Produktion bedingt und so alt ist wie die Menschen selbst
- ein Zusammenhang, der stets neue Formen annimmt und also eine
"Geschichte" darbietet, auch ohne daß irgendein politischer oder
religiöser Nonsens existiert, der die Menschen noch extra zusammenhalte.
Jetzt erst, nachdem wir bereits vier Momente, vier Seiten der
ursprünglichen, geschichtlichen Verhältnisse betrachtet haben, finden
wir, daß der Mensch auch "Bewußtsein" hat. Aber auch dies nicht von
vornherein, als "reines" Bewußtsein. Der "Geist" hat von vornherein
(14) den Fluch an sich, mit der Materie "behaftet" zu sein, die hier in
der Form von bewegten Luftschichten, Tönen, kurz der Sprache auftritt.
Die Sprache ist so alt wie das Bewußtsein - die Sprache ist das
praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich
selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache
entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des
Verkehrs mit andern Menschen. Wo ein Verhältnis existiert, da existiert
es für mich, das Tier "verhält" sich zu Nichts und überhaupt nicht. Für
das Tier existiert sein Verhältnis zu andern nicht als Verhältnis. Das
Bewußtsein ist also von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt
und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren. Das Bewußtsein
ist natürlich zuerst bloß Bewußtsein über die nächste sinnliche
Umgebung und Bewußtsein des bornierten Zusammenhanges mit andern
Personen und Dingen außer dem sich bewußt werdenden Individuum; es ist
zu gleicher Zeit Bewußtsein der Natur, die den Menschen anfangs als
eine durchaus fremde, allmächtige und unangreifbare Macht
gegenübertritt, zu der sich die Menschen rein tierisch verhalten, von
der sie sich imponieren lassen wie das Vieh; und also ein rein
tierisches Bewußtsein der Natur (Naturreligion).
Man sieht hier sogleich: Diese Naturreligion oder dies bestimmte
Verhalten zur Natur ist bedingt durch die Gesellschaftsform und
umgekehrt. Hier wie überall tritt die Identität von Natur und Mensch
auch so hervor, daß das bornierte Verhalten der Menschen zur Natur ihr
borniertes Verhalten zueinander, und ihr borniertes Verhalten
zueinander ihr borniertes Verhältnis zur Natur bedingt, eben weil die
Natur noch kaum geschichtlich modifiziert ist, und andrerseits
Bewußtsein der Notwendigkeit, mit den umgebenden Individuen in
Verbindung zu treten, der Anfang des Bewußtseins darüber, daß er
überhaupt in einer Gesellschaft lebt. Dieser Anfang ist so tierisch wie
das gesellschaftliche Leben dieser Stufe selbst, er ist bloßes
Herdenbewußtsein, und der Mensch unterscheidet sich hier vom Hammel nur
dadurch, daß sein Bewußtsein ihm die Stelle des Instinkts vertritt,
oder daß sein Instinkt ein bewußter ist. Dieses Hammel- oder
Stammbewußtsein erhält seine weitere Entwicklung und Ausbildung durch
die gesteigerte Produktivität, die Vermehrung der Bedürfnisse und die
Beiden zum Grunde liegende (15) Vermehrung der Bevölkerung. Damit
entwickelt sich die Teilung der Arbeit, die ursprünglich nichts war als
die Teilung der Arbeit im Geschlechtsakt, dann Teilung der Arbeit, die
sich vermöge der natürlichen Anlage (z.B. Körperkraft), Bedürfnisse,
Zufälle etc. etc. von selbst oder "naturwüchsig" macht. Die Teilung der
Arbeit wird erst wirklich Teilung von dem Augenblicke an, wo eine
Teilung der materiellen und geistigen Arbeit eintritt. Von diesem
Augenblicke an kann sich das Bewußtsein wirklich einbilden, etwas
Andres als das Bewußtsein der bestehenden Praxis zu sein, wirklich
etwas vorzustellen, ohne etwas Wirkliches vorzustellen - von diesem
Augenblicke an ist das Bewußtsein imstande, sich von der Welt zu
emanzipieren und zur Bildung der "reinen" Theorie, Theologie,
Philosophie, Moral etc. überzugehen. Aber selbst wenn diese Theorie,
Theologie, Philosophie, Moral etc. in Widerspruch mit den bestehenden
Verhältnissen treten, so kann dies nur dadurch geschehen, daß die
bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse mit der bestehenden
Produktionskraft in Widerspruch getreten sind - was übrigens in einem
bestimmten nationalen Kreise von Verhältnissen auch dadurch geschehen
kann, daß der Widerspruch nicht in diesem nationalen Umkreis, sondern
zwischen diesem nationalen Bewußtsein und der Praxis der anderen
Nationen, d.h. zwischen dem nationalen und allgemeinen Bewußtsein einer
Nation (wie jetzt in Deutschland) sich einstellt.- wo dieser Nation
dann, weil dieser Wiederspruch sich scheinbar nur als ein Widerspruch
innerhalb des nationalen Bewußtseins erscheint, auch der Kampf sich auf
diese nationale Scheiße zu beschränken scheint, eben weil diese Nation
die Scheiße an und für sich ist.
(16) Übrigens ist es ganz einerlei, was das Bewußtsein alleene anfängt,
wir erhalten aus diesem ganzen Dreck nur das eine Resultat, daß diese
drei Momente, die Produktionskraft, der gesellschaftliche Zustand und
das Bewußtsein, in Widerspruch untereinander geraten können und müssen,
weil mit der Teilung der Arbeit die Möglichkeit, ja die Wirklichkeit
gegeben ist, daß die geistige und materielle Tätigkeit - daß der Genuß
und die Arbeit, Produktion und Konsumtion, verschiedenen Individuen
zufallen, und die Möglichkeit, daß sie nicht in Widerspruch geraten,
nur darin liegt, daß die Teilung der Arbeit wieder aufgehoben wird. Es
versteht sich übrigens von selbst, daß die "Gespenster", "Bande",
"höheres Wesen", "Begriff", "Bedenklichkeit" bloß der idealistische
geistliche Ausdruck, die Vorstellung scheinbar des vereinzelten
Individuums sind, die Vorstellung von sehr empirischen Fesseln und
Schranken, innerhalb deren sich die Produktionsweise des Lebens und die
damit zusammenhängende Verkehrsform bewegt.
[4.]
Mit der Teilung der Arbeit, in welcher alle diese Widersprüche gegeben
sind und welche ihrerseits wieder auf der naturwüchsigen Teilung der
Arbeit in der Familie und der Trennung der Gesellschaft in einzelne,
einander entgegengesetzte Familien beruht, ist zu gleicher Zeit auch
die Verteilung, und zwar die ungleiche, sowohl quantitative wie
qualitative Verteilung der Arbeit und ihrer Produkte gegeben, also das
Eigentum, das in der Familie, (17) wo die Frau und die Kinder die
Sklaven des Mannes sind, schon seinen Keim, seine erste Form hat. Die
freilich noch sehr rohe, latente Sklaverei in der Familie ist das erste
Eigentum, das übrigens hier schon vollkommen der Definition der
modernen Ökonomen entspricht, nach der es die Verfügung über fremde
Arbeitskraft ist. Übrigens sind Teilung der Arbeit und Privateigentum
identische Ausdrücke - in dem Einen wird in Beziehung auf die Tätigkeit
dasselbe ausgesagt, was in dem Andern in bezug auf das Produkt der
Tätigkeit ausgesagt wird.
Ferner ist mit der Teilung der Arbeit zugleich der Widerspruch zwischen
dem Interesse des einzelnen Individuums oder der einzelnen Familie und
dem gemeinschaftlichen Interesse aller Individuen, die
miteinander verkehren, gegeben; und zwar existiert dies
gemeinschaftliche Interesse nicht bloß in der Vorstellung, als
"Allgemeines", sondern zuerst in der Wirklichkeit als gegenseitige
Abhängigkeit der Individuen, unter denen die Arbeit geteilt ist.
Und eben aus diesem Widerspruch des besondern und gemeinschaftlichen
Interesses nimmt das gemeinschaftliche Interesse als Staat eine
selbständige Gestaltung, getrennt von den wirklichen Einzel- und
Gesamtinteressen, an, und zugleich als illusorische
Gemeinschaftlichkeit, aber stets auf der realen Basis der in jedem
Familien- und Stamm-Konglomerat vorhandenen Bänder, wie Fleisch und
Blut, Sprache, Teilung der Arbeit im größeren Maßstabe und sonstigen
Interessen - und besonders, wie wir später entwickeln werden, der durch
die Teilung der Arbeit bereits bedingten Klassen, die in jedem
derartigen Menschenhaufen sich absondern und von denen eine alle andern
beherrscht. Hieraus folgt, daß alle Kämpfe innerhalb des Staats, der
Kampf zwischen Demokratie, Aristokratie und Monarchie, der Kampf um das
Wahlrecht etc. etc., nichts als die illusorischen Formen sind, in denen
die wirklichen Kämpfe der verschiednen Klassen untereinander geführt
werden (wovon die deutschen Theoretiker nicht eine Silbe ahnen,
trotzdem daß man ihnen in den "Deutsch-Französischen Jahrbüchern" und
der "Heiligen Familie" dazu Anleitung genug gegeben hatte), und ferner,
daß jede nach der Herrschaft strebende Klasse, wenn ihre Herrschaft
auch, wie dies beim Proletariat der Fall ist, die Aufhebung der ganzen
alten Gesellschaftsform und der Herrschaft überhaupt bedingt, sich
zuerst die politische Macht erobern muß, um ihr Interesse wieder als
das Allgemeine, wozu sie im ersten Augenblick gezwungen ist,
darzustellen.
Eben weil die Individuen nur ihr besondres, für sie nicht mit ihrem
gemeinschaftlichen Interesse zusammenfallendes suchen, überhaupt das
Allgemeine illusorische Form der Gemeinschaftlichkeit, wird dies als
ein ihnen "fremdes" und von ihnen "unabhängiges", als ein selbst wieder
besonderes und eigentümliches "Allgemein "-Interesse geltend gemacht,
oder sie selbst müssen sich in diesem Zwiespalt bewegen" wie in der
Demokratie. Andrerseits macht denn auch der praktische Kampf dieser
beständig wirklich den gemeinschaftlichen und illusorischen
gemeinschaftlichen Interessen entgegentretenden Sonderinteressen die
praktische Dazwischenkunft und Zügelung durch das illusorische
"Allgemein"-Interesse als Staat nötig.
(17) Und endlich bietet uns die Teilung der Arbeit gleich das erste
Beispiel davon dar, daß, solange die Menschen sich in der
naturwüchsigen Gesellschaft befinden, solange also die Spaltung
zwischen dem besondern und gemeinsamen Interesse existiert, solange die
Tätigkeit also nicht freiwillig, sondern naturwüchsig geteilt ist, die
eigne Tat des Menschen ihm zu einer fremden, gegenüberstehenden Macht
wird, die ihn unterjocht, statt daß er sie beherrscht. Sowie nämlich
die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten
ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem
er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer
Kritiker und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben
verlieren will - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder
nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in
jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine
Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies,
morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends
Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade
Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.
(18) Dieses Sichfestsetzen der sozialen Tätigkeit, diese Konsolidation
unsres eignen Produkts zu einer sachlichen Gewalt über uns, die unsrer
Kontrolle entwächst, unsre Erwartungen durchkreuzt, unsre Berechnungen
zunichte macht, ist eines der Hauptmomente in der bisherigen
geschichtlichen Entwicklung. Die soziale Macht, d.h. die vervielfachte
Produktionskraft, die durch das in der Teilung der Arbeit bedingte
Zusammenwirken der verschiedenen Individuen entsteht, erscheint diesen
Individuen, weil das Zusammenwirken selbst nicht freiwillig, sondern
naturwüchsig ist, nicht als ihre eigne, vereinte Macht, sondern als
eine fremde, außer ihnen stehende Gewalt, von der sie nicht wissen
woher und wohin, die sie also nicht mehr beherrschen können, die im
Gegenteil nun eine eigentümliche, vom Wollen und Laufen der Menschen
unabhängige, ja dies Wollen und Laufen erst dirigierende Reihenfolge
von Phasen und Entwicklungsstufen durchläuft.Wie hätte sonst z.B. das
Eigentum überhaupt eine Geschichte haben, verschiedene Gestalten
annehmen, und etwa das Grundeigentum je nach der verschiedenen
vorliegende Voraussetzung in Frankreich aus der Parzellierung zur
Zentralisation in wenigen Händen, in England aus der Zentralisation in
wenigen Händen zur Parzellierung drängen können, wie dies heute
wirklich der Fall ist? Oder wie kommt es, daß der Handel, der doch
weiter nichts ist als der Austausch der Produkte verschiedner
Individuen und Länder, durch das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr
die ganze Welt beherrscht - ein Verhältnis, das, wie ein englischer
Ökonom sagt, gleich dem antiken Schicksal über der Erde schwebt und mit
unsichtbarer Hand Glück und Unglück an die Menschen verteilt, Reiche
stiftet (19) und Reiche zertrümmert, Völker entstehen und verschwinden
macht -, während mit der Aufhebung der Basis, des Privateigentums, mit
der kommunistischen Regelung der Produktion und der darin liegenden
Vernichtung der Fremdheit, mit der sich die Menschen zu ihrem eignen
Produkt verhalten, die Macht des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr
sich in Nichts auflöst und die Menschen den Austausch, die Produktion,
die Weise ihres gegenseitigen Verhaltens wieder in ihre Gewalt bekommen?
[5.]
(18) Diese "Entfremdung", um den Philosophen verständlich zu bleiben,
kann natürlich nur unter zwei praktischen Voraussetzungen aufgehoben
werden. Damit sie eine "unerträgliche" Macht werde, d.h. eine Macht,
gegen die man revolutioniert, dazu gehört, daß sie die Masse der
Menschheit als durchaus "Eigentumslos" erzeugt hat und zugleich im
Widerspruch zu einer vorhandnen Welt des Reichtums und der Bildung, was
beides eine große Steigerung der Produktivkraft, einen hohen Grad ihrer
Entwicklung voraussetzt - und andrerseits ist diese Entwicklung der
Produktivkräfte (womit zugleich schon die in weltgeschichtlichem, statt
der in lokalem Dasein der Menschen vorhandne empirische Existenz
gegeben ist) auch deswegen eine absolut notwendige praktische
Voraussetzung, weil ohne sie nur der Mangel verallgemeinert, also mit
der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte, weil ferner
nur mit dieser universellen Entwicklung der Produktivkräfte ein
universeller Verkehr der Menschen gesetzt ist, daher einerseits das
Phänomen der "Eigentumslosen" Masse in Allen Völkern gleichzeitig
erzeugt (allgemeine Konkurrenz), jedes derselben von den Umwälzungen
der andern abhängig macht, und endlich weltgeschichtliche, empirisch
universelle Individuen an die Stelle der lokalen gesetzt hat. Ohne dies
könnte 1. der Kommunismus nur als eine Lokalität existieren, 2. die
Mächte des Verkehrs selbst hätten sich als universelle, drum
unerträgliche Machte nicht entwickeln können, sie wären
heimisch-abergläubige "Umstände" geblieben, und 3. würde jede
Erweiterung des Verkehrs den lokalen Kommunismus aufheben. Der
Kommunismus ist empirisch nur als die Tat der herrschenden Völker "auf
einmal" und gleichzeitig möglich, was die universelle Entwicklung der
Produktivkraft und den mit ihm zusammenhängenden Weltverkehr
voraussetzt.
(19) Übrigens setzt die Masse von bloßen Arbeitern - massenhafte, von Kapital oder von irgendeiner bornierten Befriedigung
abgeschnittne Arbeiterkraft - und darum auch der nicht mehr temporäre
Verlust dieser Arbeit selbst als einer gesicherten Lebensquelle durch
die Konkurrenz den Weltmarkt voraus. Das Proletariat kann also nur
weltgeschichtlich existieren, wie der Kommunismus, seine Aktion, nur
als "weltgeschichtliche" Existenz überhaupt vorhanden sein kann;
weltgeschichtliche Existenz der Individuen; d.h. Existenz der
Individuen, die unmittelbar mit der Weltgeschichte verknüpft ist.
(18) Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt
werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben
[wird]. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den
jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich
aus der jetzt bestehenden Voraussetzung.
* * *
(19) Die durch die auf allen bisherigen geschichtlichen Stufen
vorhandenen Produktionskräfte bedingte und sie wiederum bedingende
Verkehrsform ist die bürgerliche Gesellschaft, die, wie schon aus dem
Vorhergehenden hervorgeht, die einfache Familie und die
zusammengesetzte Familie, das sogenannte Stammwesen zu ihrer
Voraussetzung und Grundlage hat, und deren nähere Bestimmungen im
Vorhergehenden enthalten sind. Es zeigt sich schon hier, daß diese
bürgerliche Gesellschaft der wahre Herd und Schauplatz aller Geschichte
ist, und wie widersinnig die bisherige, die wirklichen Verhältnisse
vernachlässigende Geschichtsauffassung mit ihrer Beschränkung auf
hochtönende Haupt- und Staatsaktionen ist.
Bisher haben wir hauptsächlich nur die eine Seite der menschlichen
Tätigkeit, die Bearbeitung der Natur durch die Menschen betrachtet. Die
andre Seite, die Bearbeitung der Menschen durch die Menschen ...
Ursprung des Staats und das Verhältnis des Staats zur bürgerlichen Gesellschaft.
[6.]
(20) Die Geschichte ist nichts als die Aufeinanderfolge der einzelnen
Generationen, von denen Jede die ihr von allen vorhergegangenen
übermachten Materiale, Kapitalien, Produkionskräfte exploitiert, daher
also einerseits unter ganz veränderten Umständen die überkommene
Tätigkeit fortsetzt und andrerseits mit einer ganz veränderten
Tätigkeit die alten Umstände modifiziert, was sich nun spekulativ so
verdrehen läßt, daß die spätere Geschichte zum Zweck der früheren
gemacht wird, z.B., daß der Entdeckung Amerikas der Zweck zugrunde
gelegt wird, der französischen Revolution zum Durchbruch zu verhelfen,
wodurch dann die Geschichte ihre aparten Zwecke erhält und eine "Person
neben anderen Personen" (als da sind: "Selbstbewußtsein, Kritik,
Einziger" etc.) wird, während das, was man mit den Worten "Bestimmung",
"Zweck", "Keim", "Idee" der früheren Geschichte bezeichnet, weiter
nichts ist als eine Abstraktion von der späteren Geschichte, eine
Abstraktion von dem aktiven Einfluß, den die frühere Geschichte auf die
spätere ausübt.
Je weiter sich im Laufe dieser Entwicklung nun die einzelnen Kreise,
die aufeinander einwirken, ausdehnen, je mehr die ursprüngliche
Abgeschlossenheit der einzelnen Nationalitäten durch die ausgebildete
Produktionsweise, Verkehr und dadurch naturwüchsig hervorgebrachte
Teilung der Arbeit zwischen verschiednen Nationen vernichtet wird,
desto mehr wird die Geschichte zur Weltgeschichte, so daß z.B., wenn in
England eine Maschine erfunden wird, die in Indien und
China zahllose Arbeiter außer Brot setzt und die ganze Existenzform
dieser Reiche umwälzt, diese Erfindung zu einem weltgeschichtlichen
Faktum wird; oder daß der Zucker und Kaffee ihre weltgeschichtliche
Bedeutung im neunzehnten Jahrhundert dadurch bewiesen, daß der durch
das napoleonische Kontinentalsystem erzeugte Mangel an diesen Produkten
die Deutschen zum Aufstande (21) gegen Napoleon brachte und so die reale
Basis der glorreichen Befreiungskriege von 1813 wurde. Hieraus folgt,
daß diese Umwandlung der Geschichte in Weltgeschichte nicht etwa eine
bloße abstrakte Tat des "Selbstbewußtseins", Weltgeistes oder sonst
eines metaphysischen Gespenstes ist, sondern eine ganz materielle,
empirisch nachweisbare Tat, eine Tat, zu der jedes Individuum, wie es
geht und steht, ißt, trinkt und sich kleidet, den Beweis liefert.
In der bisherigen Geschichte ist es allerdings ebensosehr eine
empirische Tatsache, daß die einzelnen Individuen mit der Ausdehnung
der Tätigkeit zur Weltgeschichtlichen immer mehr unter einer ihnen
fremden Macht geknechtet worden sind (welchen Druck sie sich denn auch
als Schikane des sogenannten Weltgeistes etc. vorstellten), einer
Macht, die immer massenhafter geworden ist und sich in letzter Instanz
als Weltmarkt ausweist. Aber ebenso empirisch begründet ist es, daß
durch den Umsturz des bestehenden gesellschaftlichen Zustandes durch
die kommunistische Revolution (wovon weiter unten) und die damit
identische Aufhebung des Privateigentums diese den deutschen
Theoretikern so mysteriöse Macht aufgelöst wird und alsdann die
Befreiung jedes einzelnen Individuums in demselben Maße durchgesetzt
wird, in dem die Geschichte sich vollständig in Weltgeschichte
verwandelt. Daß der wirkliche geistige Reichtum des Individuums ganz
von dem Reichtum seiner wirklichen Beziehungen abhängt, ist nach dem
Obigen klar. Die einzelnen Individuen werden erst hierdurch von den
verschiedenen nationalen und lokalen Schranken befreit, mit der
Produktion (auch mit der geistigen) der ganzen Welt in praktische
Beziehung gesetzt und in den Stand gesetzt, sich die Genußfähigkeit für
diese allseitige Produktion der ganzen Erde (Schöpfungen der Menschen)
zu erwerben. Die allseitige Abhängigkeit, diese naturwüchsige Form des
weltgeschichtlichen Zusammenwirkens der Individuen, wird durch (22) diese
kommunistische Revolution verwandelt in die Kontrolle und bewußte
Beherrschung dieser Mächte, die, aus dem Aufeinander-Wirken der
Menschen erzeugt, ihnen bisher als durchaus fremde Mächte imponiert und
sie beherrscht haben. Diese Anschauung kann nun wieder
spekulativ-idealistisch, d.h. phantastisch als "Selbsterzeugung der
Gattung" (die "Gesellschaft als Subjekt") gefaßt und dadurch die
aufeinanderfolgende Reihe von im Zusammenhange stehenden Individuen als
ein einziges Individuum vorgestellt werden, das das Mysterium
vollzieht, sich selbst zu erzeugen. Es zeigt sich hier, daß die
Individuen allerdings einander machen, physisch und geistig, aber nicht
sich machen, weder im Unsinn des heiligen Bruno, noch im Sinne des
"Einzigen", des "gemachten" Mannes.
Schließlich erhalten wir noch folgende Resultate aus der entwickelten
Geschichtsauffassung: 1. In der Entwicklung der Produktivkräfte tritt
eine Stufe ein, auf welcher Produktionskräfte und Verkehrsmittel
hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur
Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern
Destruktionskräfte (Maschinerie und Geld) - und was damit
zusammenhängt, daß eine Klasse hervorgerufen wird, welche alle Lasten
der Gesellschaft zu tragen hat, ohne ihre Vorteile zu genießen, welche
aus der Gesellschaft herausgedrängt, in den entschiedensten Gegensatz (23)
zu allen andern Klassen forciert wird; eine Klasse, die die Majorität
aller Gesellschaftsmitglieder bildet und von der das Bewußtsein über
die Notwendigkeit einer gründlichen Revolution, das kommunistische
Bewußtsein, ausgeht, das sich natürlich auch unter den andern Klassen
vermöge der Anschauung der Stellung dieser Klasse bilden kann; 2 daß
die Bedingungen, innerhalb deren bestimmte Produktionskräfte angewandt
werden können, die Bedingungen der Herrschaft einer bestimmten Klasse
der Gesellschaft sind, deren soziale, aus ihrem Besitz hervorgehende
Macht in der jedesmaligen Staatsform ihren praktisch-idealistischen
Ausdruck hat, und deshalb jeder revolutionäre Kampf gegen eine Klasse,
die bisher geherrscht hat, sich richtet; 3, daß in allen bisherigen
Revolutionen die Art der Tätigkeit stets unangetastet blieb und es sich
nur um eine andre Distribution dieser Tätigkeit, um eine neue
Verteilung der Arbeit an andre Personen handelte, während die
kommunistische Revolution sich gegen die bisherige Art der
Tätigkeit richtet, die Arbeit beseitigt und die Herrschaft aller
Klassen mit den Klassen selbst aufhebt, weil sie durch die Klasse
bewirkt wird, die in der Gesellschaft für keine Klasse mehr gilt, nicht
als Klasse anerkannt wird, schon der Ausdruck der Auflösung aller
Klassen, Nationalitäten etc. innerhalb der jetzigen Gesellschaft ist;
und 4. daß sowohl zur massenhaften Erzeugung dieses kommunistischen
Bewußtseins wie zur Durchsetzung der Sache selbst eine massenhafte
Veränderung der Menschen nötig ist, die nur in einer praktischen
Bewegung, in einer Revolution vor sich gehen kann; daß also die
Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine
andre Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende
Klasse nur in einer Revolution dahin kommen kann, sich den ganzen alten
Dreck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der
Gesellschaft befähigt zu werden.
[Während über diese Notwendigkeit der Revolution sämtliche Kommunisten
sowohl in Frankreich, wie in England und Deutschland seit geraumer Zeit
einverstanden sind, träumt der heilige Bruno ruhig weiter fort, und
meint, der "Reale Humanismus", d.h. Kommunismus, werde nur deswegen "an
die Stelle des Spiritualismus" (der keine Stelle hat) gesetzt, damit er
Verehrung gewinne. Dann, träumt er fort, müsse wohl "das Heil gekommen,
die Erde zum Himmel und der Himmel zur Erde gemacht sein". (Der
Gottesgelahrte kann den Himmel noch immer nicht verschmerzen.) "Dann
tönt in himmlischen Harmonien Freud und Wonne von Ewigkeit zu Ewigkeit"
(p. 140). Der heilige Kirchenvater wird sich doch sehr wundern, wenn
der jüngste Tag, an dem sich dies alles erfüllet über ihn hereinbricht
- ein Tag, dessen Morgenrot der Widerschein brennender Städte am Himmel
ist, wenn unter diesen "himmlischen Harmonien" die Melodie der
Marseillaise und Carmagnole mit obligatem Kanonendonner an sein Ohr
hallt, und die Guilliotine dazu den Takt schlägt; wenn die verruchte
"Masse" ça ira, ça ira brüllt und das "Selbstbewußtsein" vermittelst
der Laterne aufhebt. Der heilige Bruno hat am allerwenigsten Ursache,
sich von der "Freud und Wonne von Ewigkeit zu Ewigkeit", ein
erbauliches Gemälde zu entwerfen. Wir enthalten uns des Vergnügens, das
Verhalten Sankt Brunos am jüngsten Tage a priori zu konstruieren. Es
ist auch schwer zu entscheiden, ob die prolétaires en révolution als
"Substanz", als "Masse", die die Kritik stürzen will, oder als
"Emanation" des Geistes, der indessen noch die zur Verdauung Bauerscher
Gedanken nötige Konsistenz abgeht, gefaßt werden müßten.]
[7.]
(24) Diese Geschichtsauffassung beruht also darauf, den wirklichen
Produktionsprozeß, und zwar von der materiellen Produktion des
unmittelbaren Lebens ausgehend, zu entwickeln und die mit dieser
Produktionsweise zusammenhängende und von ihr erzeugte Verkehrsform,
also die bürgerliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Stufen, als
Grundlage der ganzen Geschichte aufzufassen und sie sowohl in ihrer
Aktion als Staat darzustellen, wie die sämtlichen verschiedenen
theoretischen Erzeugnisse und Formen des Bewußtseins, Religion,
Philosophie, Moral etc. etc., aus ihr zu erklären und ihren
Entstehungsprozeß aus ihnen zu verfolgen, wo dann natürlich auch die
Sache in ihrer Totalität (und darum auch die Wechselwirkung dieser
verschiednen Seiten aufeinander) dargestellt werden kann. Sie hat in
jeder Periode nicht, wie die idealistische Geschichtsanschauung, nach
einer Kategorie zu suchen, sondern bleibt fortwährend auf dem
wirklichen Geschichtsboden stehen, erklärt nicht die Praxis aus der
Idee, erklärt die Ideenformationen aus der materiellen Praxis und kommt
demgemäß auch zu dem Resultat, daß alle Formen und Produkte des
Bewußtseins nicht durch geistige Kritik, durch Auflösung ins
"Selbstbewußtsein" oder Verwandlung in "Spuk", "Gespenster", "Sparren"
etc., sondern nur durch den praktischen Umsturz der realen
gesellschaftlichen Verhältnisse, aus denen diese idealistischen Flausen
hervorgegangen sind, aufgelöst werden können - daß nicht die Kritik,
sondern die Revolution die treibende Kraft der Geschichte auch der
Religion, Philosophie und sonstigen Theorie ist. Sie zeigt, daß die
Geschichte nicht damit endigt, sich ins "Selbstbewußtsein" als "Geist
vom Geist" aufzulösen, sondern daß in ihr auf jeder Stufe ein
materielles Resultat, eine Summe von Produktionskräften, ein historisch
geschaffnes Verhältnis zur Natur und der Individuen zueinander sich
vorfindet, die jeder Generation von ihrer Vorgängerin überliefert wird,
eine Masse von Produktivkräften, Kapitalien und Umständen, die zwar
einerseits von der neuen Generation modifiziert wird, ihr aber auch
andrerseits ihre eignen Lebensbedingungen vorschreibt und ihr eine
bestimmte Entwicklung, einen speziellen Charakter gibt - daß also die
Umstände ebensosehr (25) die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen.
Diese Summe von Produktionskräften, Kapitalien und sozialen
Verkehrsformen, die jedes Individuum und jede Generation als etwas
Gegebenes vorfindet, ist der reale Grund dessen, was sich die
Philosophen als "Substanz" und "Wesen des Menschen" vorgestellt, was
sie apotheosiert und bekämpft haben, ein realer Grund, der dadurch
nicht im Mindesten in seinen Wirkungen und Einflüssen auf die
Entwicklung der Menschen gestört wird, daß diese Philosophen als
"Selbstbewußtsein" und "Einzige" dagegen rebellieren. Diese
vorgefundenen Lebensbedingungen der verschiedenen Generationen
entscheiden auch, ob die periodisch in der Geschichte wiederkehrende
revolutionäre Erschütterung stark genug sein wird oder nicht, die Basis
alles Bestehenden umzuwerfen, und wenn diese materiellen Elemente einer
totalen Umwälzung, nämlich einerseits die vorhandnen
Produktivkräfte,andrerseits die Bildung einer revolutionären Masse, die
nicht nur gegen einzelne Bedingungen der bisherigen Gesellschaft,
sondern gegen die bisherige "Lebensproduktion" selbst, die
"Gesamttätigkeit'., worauf sie basierte, revolutioniert - nicht
vorhanden sind, so ist es ganz gleichgültig für die praktische
Entwicklung, ob die Idee dieser Umwälzung schon hundertmal
ausgesprochen ist - wie die Geschichte des Kommunismus dies beweist.
[8.]
Die ganze bisherige Geschichtsauffassung hat diese wirkliche Basis der
Geschichte entweder ganz und gar unberücksichtigt gelassen oder sie nur
als eine Nebensache betrachtet, die mit dem geschichtlichen Verlauf
außer allem Zusammenhang steht. Die Geschichte muß daher immer nach
einem außer ihr liegenden Maßstab geschrieben werden; die wirkliche
Lebensproduktion erscheint als Urgeschichtlich, während das
Geschichtliche als das vom gemeinen Leben Getrennte,
Extra-Überweltliche erscheint. Das Verhältnis der Menschen zur Natur
ist hiermit von der Geschichte ausgeschlossen, wodurch der Gegensatz
von Natur und Geschichte erzeugt wird. Sie hat daher in der Geschichte
nur politische Haupt- und Staatsaktionen und religiöse und überhaupt
theoretische Kämpfe sehen können und speziell bei jeder geschichtlichen
Epoche die Illusion dieser Epoche teilen müssen. Z.B. bildet sich eine
Epoche ein, durch rein "politische" oder "religiöse" Motive bestimmt zu
werden, obgleich "Religion" und "Politik" nur Formen ihrer wirklichen
Motive sind, so akzeptiert ihr Geschichtschreiber diese Meinung. Die
"Einbildung", die "Vorstellung" dieser bestimmten Menschen über ihre
wirkliche Praxis wird in die einzig bestimmende und aktive Macht
verwandelt, welche die Praxis dieser Menschen beherrscht und bestimmt.
Wenn die rohe Form, in der die Teilung der Arbeit bei den Indern und
Ägyptern vorkommt, das Kastenwesen bei diesen Völkern in ihrem Staat
und ihrer Religion hervorruft, so glaubt der Historiker, das
Kastenwesen (26) sei die Macht, welche diese rohe gesellschaftliche Form
erzeugt habe. Während die Franzosen und Engländer wenigstens an der
politischen Illusion, die der Wirklichkeit noch am nächsten steht,
halten, bewegen sich die Deutschen im Gebiete des "reinen Geistes" und
machen die religiöse Illusion zur treibenden Kraft der Geschichte. Die
Hegelsche Geschichtsphilosophie ist die letzte, auf ihren "reinsten
Ausdruck" gebrachte Konsequenz dieser gesamten Deutschen
Geschichtschreibung, in der es sich nicht um wirkliche, nicht einmal um
politische Interessen, sondern um reine Gedanken handelt, die dann auch
dem heiligen Bruno als eine Reihe von "Gedanken" erscheinen muß, von
denen einer den andren auffrißt und in dem "Selbstbewußtsein"
schließlich untergeht, und noch konsequenter dem heiligen Max Stirner,
der von der ganzen wirklichen Geschichte nichts weiß, dieser
historische Verlauf als eine bloße "Ritter"-, Räuber- und
Gespenstergeschichte erscheinen mußte, vor deren Visionen er sich
natürlich nur durch die "Heillosigkeit" zu retten weiß. Diese
Auffassung ist wirklich religiös, sie unterstellt den religiösen
Menschen als den Urmenschen, von dem alle Geschichte ausgeht, und setzt
in ihrer Einbildung die religiöse Phantasien-Produktion an die Stelle
der wirklichen Produktion der Lebensmittel und des Lebens selbst.
Diese ganze Geschichtsauffassung samt ihrer Auflösung und den daraus
entstehenden Skrupeln und Bedenken ist eine bloß nationale
Angelegenheit der Deutschen und hat nur lokales Interesse für
Deutschland, wie zum Exempel die wichtige, neuerdings mehrfach
behandelte Frage: wie man denn eigentlich "aus dem Gottesreich in das
Menschenreich komme", als ob dieses "Gottesreich" je anderswo existiert
habe als in der Einbildung und die gelahrten Herren nicht fortwährend,
ohne es zu wissen, in dem "Menschenreich" lebten, zu welchem sie jetzt
den Weg suchen, und als ob das wissenschaftliche Amüsement, denn mehr
als das ist es nicht, das Kuriosum dieser theoretischen Wolkenbildung
zu erklären, nicht gerade umgekehrt darin läge, daß man ihre Entstehung
aus den wirklichen irdischen Verhältnissen nachweist. Überhaupt handelt
es sich bei diesen Deutschen stets darum, den vorgefundenen Unsinn in (27)
irgendeine andre Marotte aufzulösen, d.h. vorauszusetzen, daß dieser
ganze Unsinn überhaupt einen aparten Sinn habe, der herauszufinden sei,
während es sich nur darum handelt, diese theoretischen Phrasen aus den
bestehenden wirklichen Verhältnissen zu erklären. Die wirkliche,
praktische Auflösung dieser Phrasen, die Beseitigung dieser
Vorstellungen aus dem Bewußtsein der Menschen wird, wie schon gesagt,
durch veränderte Umstände, nicht durch theoretische Deduktionen
bewerkstelligt. Für die Masse der Menschen, d.h. das Proletariat,
existieren diese theoretischen Vorstellungen nicht, brauchen also für
sie auch nicht aufgelöst zu werden, und wenn diese Masse je einige
theoretische Vorstellungen, z.B. Religion hatte, so sind diese jetzt
schon längst durch die Umstände aufgelöst.
Das rein Nationale dieser Fragen und Lösungen zeigt sich auch noch
darin, daß diese Theoretiker alles Ernstes glauben, Hirngespinste wie
"der Gottmensch", "der Mensch" etc. hätten den einzelnen Epochen der
Geschichte präsidiert - der heilige Bruno geht sogar soweit, zu
behaupten, nur "die Kritik und die Kritiker hätten die Geschichte
gemacht" - und, wenn sie sich selbst an geschichtliche Konstruktionen
geben, über alles Frühere in der größten Eile hinwegspringen
und vom "Mongolentum" sogleich auf die eigentliche "inhaltsvolle
Geschichte, nämlich die Geschichte der "Hallischen" und "Deutschen
Jahrbücher" und der Auflösung der Hegelschen Schule in eine allgemeine
Zänkerei übergehen. Alle andern Nationen, alle wirklichen Ereignisse
werden vergessen, das Theatrum mundi <Welttheater> beschränkt
sich auf die Leipziger Büchermesse und die gegenseitigen Streitigkeiten
der "Kritik", des "Menschen" und des Einzigen". Wenn sich die Theorie
vielleicht einmal daran gibt, wirklich historisch Themata zu behandeln,
wie z.B. das achtzehnte Jahrhundert, so geben sie nur die Geschichte
der Vorstellungen, losgerissen von den Tatsachen und praktischen
Entwicklungen, die ihnen zum Grunde liegen, und auch diese nur in der
Absicht, um diese Zeit als eine unvollkommene Vorstufe, als den noch
bornierten Vorläufer der wahren geschichtlichen Zeit, d.h. der Zeit des
deutschen Philosophenkampfes von 1840/44 darzustellen. Diesem Zwecke,
eine frühere Geschichte zu schreiben, um den Ruhm einer
ungeschichtlichen Person und ihrer Phantasien desto heller leuchten zu
lassen, entspricht es denn, daß man alle wirklich historischen
Ereignisse, selbst die wirklich historischen Eingriffe der Politik in
die Geschichte, nicht erwähnt und dafür eine nicht auf Studien, sondern
Konstruktionen und literarischen Klatschgeschichten beruhende Erzählung
gibt - wie dies vom heiligen Bruno in seiner nun vergessenen
"Geschichte des l8ten Jahrhunderts" geschehen ist. Diese hochtrabenden
und hochfahrenden Gedankenkrämer, die unendlich weit über alle
nationalen Vorurteile erhaben zu sein glauben, sind also in der Praxis
noch viel nationaler als die Bierphilister, die von Deutschlands
Einheit träumen. Sie erkennen die Taten andrer Völker gar nicht für
historisch an, sie leben in Deutschland zu Deutschland (28) und für
Deutschland, sie verwandeln das Rheinlied in ein geistliches Lied und
erobern Elsaß und Lothringen, indem sie statt des französischen Staats
die französische Philosophie bestehlen, statt französischer Provinzen
französische Gedanken germanisieren. Herr Venedey ist ein Kosmopolit
gegen die Heiligen Bruno und Max, die in der Weltherrschaft der Theorie
die Weltherrschaft Deutschlands proklamieren.
[9.]
Es zeigt sich aus diesen Auseinandersetzungen auch, wie sehr Feuerbach
sich täuscht, wenn er ("Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Bd. 2)
sich vermöge der Qualifikation "Gemeinmensch" für einen Kommunisten
erklärt, in ein Prädikat "des" Menschen verwandelt, also das Wort
Kommunist, das in der bestehenden Welt den Anhänger einer bestimmten
revolutionären Partei bezeichnet, wieder in eine bloße Kategorie
verwandeln zu können glaubt. Feuerbachs ganze Deduktion in Beziehung
auf das Verhältnis der Menschen zueinander geht nur dahin, zu beweisen,
daß die Menschen einander nötig haben und immer gehabt haben. Er will
das Bewußtsein über diese Tatsache etablieren, er will also, wie die
übrigen Theoretiker, nur ein richtiges Bewußtsein über ein bestehendes
Faktum hervorbringen, während es dem wirklichen Kommunisten darauf
ankommt, dies Bestehende umzustürzen. Wir erkennen es übrigens
vollständig an, daß Feuerbach, indem er das Bewußtsein gerade dieser
Tatsache zu erzeugen strebt, so weit geht, wie ein Theoretiker
überhaupt gehen kann, ohne aufzuhören, Theoretiker und Philosoph zu
sein. Charakteristisch ist es aber, daß die Heiligen Bruno und Max die
Vorstellung Feuerbachs vom Kommunisten sogleich an die Stelle des
wirklichen Kommunisten setzen, was teilweise schon deswegen geschieht,
damit sie auch den Kommunismus als "Geist vom Geist", als
philosophische Kategorie, als ebenbürtigen Gegner bekämpfen können -
und von seiten des heiligen Bruno auch noch aus pragmatischen
Interessen. Als Beispiel von der Anerkennung und zugleich Verkennung
des Bestehenden, die Feuerbach noch immer mit unsern Gegnern teilt,
erinnern wir an die Stelle der "Philosophie der Zukunft", wo er
entwickelt, daß das Sein eines Dinges oder Menschen zugleich sein Wesen
sei, daß die bestimmten Existenzverhältnisse, Lebensweise und Tätigkeit
eines tierischen oder menschlichen Individuums dasjenige sei, worin
sein "Wesen" sich befriedigt fühle. Hier wird ausdrücklich jede
Ausnahme als ein unglücklicher Zufall, als eine Abnormität, die nicht
zu ändern ist, aufgefaßt. Wenn also Millionen von Proletariern sich in
ihren Lebensverhältnissen keineswegs befriedigt fühlen, wenn ihr "Sein"
ihrem (29) "Wesen" nicht im entferntesten entspricht, so wäre dies nach
der erwähnten Stelle ein unvermeidliches Unglück, das man ruhig
ertragen müsse. Diese Millionen Proletarier oder Kommunisten denken
indes ganz anders und werden dies ihrer Zeit beweisen, wenn sie ihr
,Sein' mit ihrem , Wesen' praktisch, durch eine Revolution, in Einklang
bringen werden.Bei solchen Fällen spricht Feuerbach daher nie von der
Menschenwelt, sondern er flüchtet sich jedesmal in die äußere Natur,
und zwar in die Natur, die noch nicht unter die Herrschaft der Menschen
gebracht ist. Mit jeder neuen Erfindung aber, mit jedem Fortschritt der
Industrie wird von diesem Terrain ein neues Stück abgerissen, und der
Boden, auf dem die Beispiele für ähnliche Feuerbachsche Sätze wachsen,
wird so immer kleiner. Das "Wesen" des Fischen ist sein "Sein", das
Wasser, um bei dem einen Satze stehen zu bleiben. Das
"Wesen" des Flußfisches ist das Wasser eins Flusses. Aber dies hört
auf, sein "Wesen" zu sein, es wird ein für ihn nicht mehr passendes
Existenzmedium, sobald dieser Fluß der Industrie untertan gemacht,
sobald er durch Farbstoffe und sonstige Abfälle verunreinigt, durch
Dampfschiffe befahren, sobald sein Wasser in Gräben geleitet wird, in
denen man dem Fisch sein Existenzmedium durch einfaches Ablassen
entziehen kann.Diese Erklärung aller derartigen Widersprüche zu einer
unvermeidlichen Abnormität ist im Grunde von dem Trost nicht
verschieden, den der heilige Max Stirner den Unzufriedenen gibt, daß
nämlich dieser Widerspruch ihr eigner Widerspruch, diese schlechte Lage
ihre eigne schlechte Lage sei, wobei sie sich entweder beruhigen
könnten, oder ihren eignen Widerwillen für sich behalten, oder sich auf
phantastische Weise dagegen empören dürften--und ebenso wenig
verschieden von dem Vorwurrfe das heiligen Bruno,daß diese
unglückseligen Umstände daher kämen, daß die Betreffenden im Dreck der
"Substanz" stecken geblieben, nicht zum "absoluten Selbstbewußtsein"
fortgeschritten seien und diese schlechten Verhältnisse nicht als Geist
von ihrem Geist erkannt hätten.
[III]
[1.]
(30) Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die
herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende
materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende
geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion
zu ihrer Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel zur
geistigen Produktion, so daß ihr damit zugleich im Durchschnitt die
Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen,
unterworfen sind. Die herrschenden Gedanken sind weiter Nichts als der
ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse, die als
Gedanken gefaßten herrschenden materiellen Verhältnisse; also der
Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also
die Gedanken ihrer Herrschaft. Die Individuen, welche die herrschende
Klasse ausmachen, haben unter Anderm auch Bewußtsein und denken daher;
insofern sie also als Klasse herrschen und den ganzen Umfang einer
Geschichtsepoche bestimmen, versteht es sich von selbst, daß sie dies
in ihrer ganzen Ausdehnung tun, also unter Andern auch als Denkende,
als Produzenten von Gedanken herrschen, die Produktion und Distribution
der Gedanken ihrer Zeit regeln; daß also ihre Gedanken die herrschenden
Gedanken der Epoche sind. Zu einer Zeit z.B. und in einem Lande, wo
königliche Macht, Aristokratie und Bourgeoisie sich um die Herrschaft
streiten, wo also die Herrschaft geteilt ist, zeigt sich als
herrschender Gedanke die Doktrin von der Teilung der Gewalten, die nun
als ein "ewiges Gesetz ausgesprochen wird.
Die Teilung der Arbeit, die wir schon oben (p. [15-18]) als eine der
Hauptmächte der bisherigen Geschichte vorfanden, äußert sich nun auch
in der herrschenden Klasse als Teilung der geistigen und (31)
materiellen Arbeit, so daß innerhalb dieser Klasse der eine Teil als
die Denker dieser Klasse auftritt (die aktiven konzeptiven Ideologen
derselben, welche die Ausbildung der Illusion dieser Klasse über sich
selbst zu ihrem Hauptnahrungszweige machen), während die
Andern sich zu diesen Gedanken und Illusionen mehr passiv und rezeptiv
verhalten, weil sie in der Wirklichkeit die aktiven Mitglieder dieser
Klasse sind und weniger Zeit dazu haben, sich Illusionen und Gedanken
über sich selbst zu machen. Innerhalb dieser Klasse kann diese Spaltung
derselben sich sogar zu einer gewissen Entgegensetzung und Feindschaft
beider Teile entwickeln, die aber bei jeder praktischen Kollision, wo
die Klasse selbst gefährdet ist, von selbst wegfällt, wo denn auch der
Schein verschwindet, als wenn die herrschenden Gedanken nicht die
Gedanken der herrschenden Klasse wären und eine von der Macht dieser
Klasse unterschiedene Macht hätten. Die Existenz revolutionärer
Gedanken in einer bestimmten Epoche setzt bereits die Existenz einer
revolutionären Klasse voraus, über deren Voraussetzungen bereits oben
(p. [18-19,22-23]) das Nötige gesagt ist.
Löst man nun bei der Auffassung des geschichtlichen Verlaufs die
Gedanken der herrschenden Klasse von der herrschenden Klasse los,
verselbständigt man sie, bleibt dabei stehen, daß in einer Epoche diese
und jene Gedanken geherrscht haben, ohne sich um die Bedingungen der
Produktion und um die Produzenten dieser Gedanken zu bekümmern, läßt
man also die den Gedanken zugrunde liegenden Individuen und
Weltzustände weg, so kann man z.B. sagen, daß während der Zeit, in der
die Aristokratie herrschte, die Begriffe Ehre, Treue etc., während der
Herrschaft der Bourgeoisie die Begriffe Freiheit, Gleichheit etc.
herrschten. Die herrschende Klasse selbst bildet sich dies im
Durchschnitt ein. Diese Geschichtsauffassung, die allen
(32) Geschichtschreibern vorzugsweise seit dem achtzehnten Jahrhundert
gemeinsam ist, wird notwendig auf das Phänomen stoßen, daß immer
abstraktere Gedanken herrschen, d.h. Gedanken, die immer mehr die Form
der Allgemeinheit annehmen. Jede neue Klasse nämlich, die sich an die
Stelle einer vor ihr herrschenden setzt, ist genötigt, schon um ihren
Zweck durchzuführen, ihr Interesse als das gemeinschaftliche Interesse
aller Mitglieder der Gesellschaft darzustellen, d.h. ideell
ausgedrückt: ihren Gedanken die Form der Allgemeinheit zu geben, sie
als die einzig vernünftigen, allgemein gültigen darzustellen. Die
revolutionierende Klasse tritt von vornherein, schon weil sie einer
Klasse gegenübersteht, nicht als Klasse, sondern als Vertreterin der
ganzen Gesellschaft auf, sie erscheint als die ganze Masse der
Gesellschaft gegenüber der einzigen, herrschenden Klasse. Sie kann
dies, weil im Anfange ihr Interesse wirklich noch mehr mit dem
gemeinschaftlichen Interesse aller übrigen nichtherrschenden Klassen
zusammenhängt, sich unter dem Druck der bisherigen Verhältnisse noch
nicht als besonderes Interesse einer besonderen Klasse entwickeln
konnte. Ihr Sieg nutzt daher auch vielen Individuen der übrigen, nicht
zur Herrschaft kommenden Klassen, aber nur insofern, als er diese
Individuen jetzt in den Stand setzt, sich in die herrschende Klasse zu
erheben. Als die französische Bourgeoisie die Herrschaft der
Aristokratie stürzte, machte sie es dadurch vielen Proletariern
möglich, sich über das Proletariat zu erheben, aber nur, insofern sie
Bourgeois wurden. Jede neue Klasse bringt daher nur auf einer breiteren
Basis als die der bisher herrschenden ihre Herrschaft zustande, wogegen
sich dann später auch der Gegensatz der nichtherrschenden gegen die nun
herrschende Klasse um so schärfer und tiefer entwickelt. Durch Beides
ist bedingt, daß der gegen diese neue herrschende Klasse zu führende
Kampf wiederum auf eine entschiedenere, radikalere Negation der
bisherigen Gesellschaftszustände hinarbeitet, (33) als alle bisherigen
die Herrschaft anstrebenden Klassen dies tun konnten.
Dieser ganze Schein, als ob die Herrschaft einer bestimmten Klasse nur
die Herrschaft gewisser Gedanken sei, hört natürlich von selbst auf,
sobald die Herrschaft von Klassen überhaupt aufhört, die Form der
gesellschaftlichen Ordnung zu sein, sobald es also nicht mehr nötig
ist, ein besonderes Interesse als allgemeines oder "das Allgemeine" als
herrschend darzustellen.
Nachdem einmal die herrschenden Gedanken von den herrschenden
Individuen und vor allem von den Verhältnissen, die aus einer gegebnen
Stufe der Produktionsweise hervorgehn, getrennt sind und dadurch das
Resultat zustande gekommen ist, daß in der Geschichte stets Gedanken
herrschen, ist es sehr leicht, aus diesen verschiedenen Gedanken sich
"den Gedanken", die Idee etc. als das in der Geschichte Herrschende zu
abstrahieren und damit alle diese einzelnen Gedanken und Begriffe als
"Selbstbestimmungen" des sich in der Geschichte entwickelnden Begriffs
zu fassen. Es ist dann auch natürlich, daß alle Verhältnisse der
Menschen aus dem Begriff des Menschen, dem vorgestellten Menschen, dem
Wesen des Menschen, dem Menschen abgeleitet werden können. Dies hat die
spekulative Philosophie getan. Hegel gesteht selbst am Ende der
"Geschichtsphilosophie", daß er "den Fortgang des Begriffs
allein betrachtet" und in der Geschichte die "wahrhafte Theodizee"
dargestellt habe (p. 446). Man kann nun wieder auf die Produzenten "des
Begriffs" zurückgehen, auf die Theoretiker, Ideologen und Philosophen,
und kommt dann zu dem Resultate, daß die Philosophen, die Denkenden als
solche, von jeher in der Geschichte geherrscht haben - ein Resultat,
was, wie wir sehen, auch schon von Hegel ausgesprochen wurde.
Das ganze Kunststück also, in der Geschichte die Oberherrlichkeit des
Geistes (Hierarchie bei Stirner) nachzuweisen, beschränkt sich auf
folgende drei Efforts.
(34) Nr. 1. Man muß die Gedanken der aus empirischen Gründen, unter
empirischen Bedingungen und als materielle Individuen Herrschenden von
diesen Herrschenden trennen und somit die Herrschaft von Gedanken oder
Illusionen in der Geschichte anerkennen.
Nr. 2. Man muß in diese Gedankenherrschaft eine Ordnung bringen, einen
mystischen Zusammenhang unter den aufeinanderfolgenden herrschenden
Gedanken nachweisen, was dadurch zustande gebracht wird, daß man sie
als "Selbstbestimmungen des Begriffs" faßt (dies ist deshalb möglich,
weil diese Gedanken vermittelst ihrer empirischen Grundlage wirklich
miteinander zusammenhängen und weil sie als bloße Gedanken gefaßt zu
Selbstunterscheidungen, vom Denken gemachten Unterschieden, werden).
Nr. 3 . Um das mystische Aussehen dieses "sich selbst bestimmenden
Begriffs" zu beseitigen, verwandelt man ihn in eine Person - "das
Selbstbewußtsein" - oder, um recht materialistisch zu erscheinen, in
eine Reihe von Personen, die "den Begriff" in der Geschichte
repräsentieren, in "die Denkenden", die "Philosophen" die Ideologen,
die nun wieder als die Fabrikanten der Geschichte, als "der Rat der
Wächter", als die Herrschenden gefaßt werden. Hiermit hat man sämtliche
materialistischen Elemente aus der Geschichte beseitigt und kann nun
seinem spekulativen Roß ruhig die Zügel schießen lassen.
Es muß diese Geschichtsmethode, die in Deutschland, und warum
vorzüglich, herrschte, entwickelt werden aus dem Zusammenhang mit der
Illusion der Ideologen überhaupt, z.B. den Illusionen der Juristen,
Politiker (auch der praktischen Staatsmänner darunter), aus
den dogmatischen Träumereien und Verdrehungen dieser Kerls, die sich
ganz einfach erklärt aus ihrer praktischen Lebensstellung, ihrem
Geschäft und der Teilung der Arbeit.
(35) Während im gewöhnlichen Leben jeder Shopkeeper <Krämer> sehr
wohl zwischen Dem zu unterscheiden weiß, was Jemand zu sein vorgibt,
und dem, was er wirklich ist, so ist unsre Geschichtschreibung noch
nicht zu dieser trivialen Erkenntnis gekommen. Sie glaubt jeder Epoche
aufs Wort, was sie von sich selbst sagt und sich einbildet.
[IV]
[1.]
[...] (40) funden wird. Aus dem ersteren ergibt sich die Voraussetzung
einer ausgebildeten Teilung der Arbeit und eines ausgedehnten Handels,
aus dem zweiten die Lokalität. Bei dem ersten müssen die Individuen
zusammengebracht sein, bei dem zweiten finden sie sich neben dem
gegebenen Produktionsinstrument selbst als Produktionsinstrumente vor.
Hier tritt also der Unterschied zwischen den naturwüchsigen und den
durch die Zivilisation geschaffenen Produktionsinstrumenten hervor. Der
Acker (das Wasser etc.) kann als naturwüchsiges Produktionsinstrument
betrachtet werden. Im ersten Fall, beim naturwüchsigen
Produktionsinstrument, werden die Individuen unter die Natur
subsumiert, im zweiten Falle unter ein Produkt der Arbeit. Im ersten
Falle erscheint daher auch das Eigentum (Grundeigentum) als
unmittelbare, naturwüchsige Herrschaft, im zweiten als Herrschaft der
Arbeit, speziell der akkumulierten Arbeit, des Kapitals. Der erste Fall
setzt voraus, daß die Individuen durch irgendein Band, sei es Familie,
Stamm, der Boden selbst pp. zusammengehören, der zweite Fall, daß sie
unabhängig voneinander sind und nur durch den Austausch
zusammengehalten werden. Im ersten Fall ist der Austausch hauptsächlich
ein Austausch zwischen den Menschen und der Natur, ein Austausch, in
dem die Arbeit der Einen gegen die Produkte der Andern eingetauscht
wird; im zweiten Falle ist er vorherrschend Austausch der Menschen
unter sich. Im ersten Falle reicht der durchschnittliche
Menschenverstand hin, körperliche und geistige Tätigkeit sind noch gar
nicht getrennt; im zweiten Falle muß bereits die Teilung zwischen
geistiger und körperlicher Arbeit praktisch vollzogen sein. Im ersten
Falle kann die Herrschaft des Eigentümers über die Nichteigentümer auf
persönlichen Verhältnissen, auf einer Art von Gemeinwesen beruhen, im
zweiten Falle muß sie in einem Dritten, dem Geld, eine dingliche
Gestalt angenommen haben. Im ersten Falle existiert die kleine
Industrie, aber subsumiert unter die Benutzung des
naturwüchsigen Produktionsinstruments, und daher ohne Verteilung der
Arbeit an verschiedene Individuen; im zweiten Falle besteht die
Industrie nur in und durch die Teilung der Arbeit.
(41) Wir gingen bisher von den Produktionsinstrumenten aus, und schon
hier zeigte sich die Notwendigkeit des Privateigentums für gewisse
industrielle Stufen. In der industrie extractive <auf die Gewinnung
von Rohstoffen gerichteten Industrie> fällt das Privateigentum mit
der Arbeit noch ganz zusammen; in der kleinen Industrie und aller
bisherigen Agrikultur ist das Eigentum notwendige Konsequenz der
vorhandenen Produktionsinstrumente; in der großen Industrie ist der
Widerspruch zwischen dem Produktionsinstrument und Privateigentum erst
ihr Produkt, zu dessen Erzeugung sie bereits sehr entwickelt sein muß.
Mit ihr ist also auch die Aufhebung des Privateigentums erst möglich.
[2.]
Die größte Teilung der materiellen und geistigen Arbeit ist die
Trennung von Stadt und Land. Der Gegensatz zwischen Stadt und Land
fängt an mit dem Übergange aus der Barbarei in die Zivilisation, aus
dem Stammwesen in den Staat, aus der Lokalität in die Nation, und zieht
sich durch die ganze Geschichte der Zivilisation bis auf den heutigen
Tag (die Anti-Corn-Law League) hindurch.
Mit der Stadt ist zugleich die Notwendigkeit der Administration, der
Polizei, der Steuern usw., kurz des Gemeindewesens und damit der
Politik überhaupt gegeben. Hier zeigte sich zuerst die Teilung der
Bevölkerung in zwei große Klassen, die direkt auf der Teilung der
Arbeit und den Produktionsinstrumenten beruht. Die Stadt ist bereits
die Tatsache der Konzentration der Bevölkerung, der
Produktionsinstrumente, des Kapitals, der Genüsse, der Bedürfnisse,
während das Land gerade die entgegengesetzte Tatsache, die Isolierung
und Vereinzelung, zur Anschauung bringt. Der Gegensatz zwischen Stadt
und Land kann nur innerhalb des Privateigentums existieren. Er ist der
krasseste Ausdruck der Subsumtion des Individuums unter die Teilung der
Arbeit, unter eine bestimmte, ihm aufgezwungene Tätigkeit, eine
Subsumtion, die den Einen zum bornierten Stadttier, den Andern zum
bornierten Landtier macht und den Gegensatz der Interessen Beider
täglich neu erzeugt. Die Arbeit ist hier wieder die Hauptsache, die
Macht über den Individuen, und solange diese existiert, solange muß das
Privateigentum existieren. Die Aufhebung des Gegensatzes von Stadt und
Land ist eine der ersten (42) Bedingungen der Gemeinschaft, eine Bedingung,
die wieder von einer Masse materieller Voraussetzungen abhängt und die
der bloße Wille nicht erfüllen kann, wie Jeder auf den ersten Blick
sieht. (Diese Bedingungen müssen noch entwickelt werden.) Die Trennung
von Stadt und Land kann auch gefaßt werden als die Trennung von Kapital
und Grundeigentum, als der Anfang einer vom Grundeigentum unabhängigen
Existenz und Entwicklung des Kapitals, eines Eigentums, das bloß in der
Arbeit und im Austausch seine Basis hat.
In den Städten, welche im Mittelalter nicht aus der früheren Geschichte
fertig überliefert waren, sondern sich neu aus den freigewordnen
Leibeignen bildeten, war die besondre Arbeit eines Jeden sein einziges
Eigentum außer dem kleinen, fast nur im nötigsten Handwerkszeug
bestehenden Kapital, das er mitbrachte. Die Konkurrenz der fortwährend
in die Stadt kommenden entlaufenen Leibeigenen, der fortwährende Krieg
des Landes gegen die Städte und damit die Notwendigkeit einer
organisierten städtischen Kriegsmacht, das Band des gemeinsamen
Eigentums an einer bestimmten Arbeit, die Notwendigkeit gemeinsamer
Gebäude zum Verkauf ihrer Waren zu einer Zeit, wo die Handwerker
zugleich commerçants <Kaufleute>, und die damit gegebene
Ausschließung Unberufener von diesen Gebäuden, der Gegensatz der
Interessen der einzelnen Handwerke unter sich, die Notwendigkeit eines
Schutzes der mit Mühe erlernten Arbeit und die feudale Organisation des
ganzen Landes waren die Ursachen der Vereinigung der Arbeiter eines
jeden Handwerks in Zünften. Wir haben hier auf die vielfachen
Modifikationen des Zunftwesens, die durch spätere historische
Entwicklungen hereinkommen, nicht weiter einzugehen. Die Flucht der
Leibeignen in die Städte fand während des ganzen Mittelalters
ununterbrochen statt. Diese Leibeignen, auf dem Lande von ihren Herren
verfolgt, kamen einzeln in die Städte, wo sie eine organisierte
Gemeinde vorfanden, gegen die sie machtlos waren und worin sie sich der
Stellung unterwerfen mußten, die ihnen das Bedürfnis nach ihrer Arbeit
und das Interesse ihrer organisierten städtischen Konkurrenten anwies.
Diese einzeln hereinkommenden Arbeiter konnten es nie zu einer Macht
bringen, da, wenn ihre Arbeit eine zunftmäßige war, die erlernt werden
mußte, die Zunftmeister sie sich unterwarfen und nach ihrem Interesse
organisierten, oder, wenn ihre Arbeit nicht erlernt werden mußte, daher
keine zunftmäßige, sondern Taglöhnerarbeit war, nie zu einer
Organisation kamen, sondern unorganisierter Pöbel blieben. Die
Notwendigkeit der Taglöhnerarbeit in den Städten schuf den Pöbel.
Diese Städte waren wahre "Vereine", hervorgerufen durch das
unmittelbare (43) Bedürfnis, die Sorge um den Schutz des Eigentums, und
um die Produktionsmittel und Verteidigungsmittel der einzelnen
Mitglieder zu multiplizieren. Der Pöbel dieser Städte war dadurch, daß
er aus einander fremden, vereinzelt hereingekommenen Individuen
bestand, die einer organisierten, kriegsmäßig gerüsteten, sie
eifersüchtig überwachenden Macht unorganisiert gegenüberstanden, aller
Macht beraubt. Die Gesellen und Lehrlinge waren in jedem Handwerk so
organisiert, wie es dem Interesse der Meister am besten entsprach; das
patriarchalische Verhältnis, in dem sie zu ihren Meistern standen, gab
diesen eine doppelte Macht, einerseits in ihrem direkten Einfluß auf
das ganze Leben der Gesellen und dann, weil es für die Gesellen, die
bei demselben Meister arbeiteten, ein wirkliches Band war, das sie
gegenüber den Gesellen der übrigen Meister zusammenhielt und sie von
diesen trennte; und endlich waren die Gesellen schon durch das
Interesse, das sie hatten, selbst Meister zu werden, an die bestehende
Ordnung geknüpft. Während daher der Pöbel es wenigstens zu Emeuten
gegen die ganze städtische Ordnung brachte, die indes bei seiner
Machtlosigkeit ohne alle Wirkung blieben, kamen die Gesellen nur zu
kleinen Widersetzlichkeiten innerhalb einzelner Zünfte, wie sie zur
Existenz des Zunftwesens selbst gehören. Die großen Aufstände des
Mittelalters gingen alle vom Lande aus, blieben aber ebenfalls wegen
der Zersplitterung und der daraus folgenden Roheit der Bauern total
erfolglos.
Das Kapital in diesen Städten war ein naturwüchsiges Kapital, das in
der Wohnung, den Handwerkszeugen und der naturwüchsigen, erblichen
Kundschaft bestand und sich wegen des unentwickelten Verkehrs und der
mangelnden Zirkulation als unrealisierbar vom Vater auf den Sohn
forterben mußte. Dies Kapital war nicht, wie das moderne, ein in Geld
abzuschätzendes, bei. dem es gleichgültig ist, ob es in dieser oder
jener Sache steckt, sondern ein unmittelbar mit der bestimmten Arbeit
des Besitzers zusammenhängendes, von ihr gar nicht zu trennendes, und
insofern ständisches Kapital.-
Die Teilung der Arbeit (44) war in den Städten zwischen den einzelnen
Zünften noch [ganz naturwüchsig] und in den Zünften selbst zwischen den
einzelnen Arbeitern gar nicht durchgeführt. Jeder Arbeiter mußte in
einem ganzen Kreise von Arbeiten bewandert sein, mußte Alles machen
können, was mit seinen Werkzeugen zu machen war; der beschränkte
Verkehr und die geringe Verbindung der einzelnen Städte unter sich, der
Mangel an Bevölkerung und die Beschränktheit der Bedürfnisse ließen
keine weitere Teilung der Arbeit aufkommen, und daher mußte Jeder, der
Meister werden wollte, seines ganzen Handwerks mächtig sein. Daher
findet sich bei den mittelalterlichen Handwerkern noch ein Interesse an
ihrer speziellen Arbeit und an der Geschicklichkeit darin, das sich bis
zu einem gewissen bornierten Kunstsinn steigern konnte. Daher ging aber
auch jeder mittelalterliche Handwerker ganz in seiner Arbeit auf, hatte
ein gemütliches Knechtschaftsverhältnis zu ihr und war viel mehr als
der moderne Arbeiter, dem seine Arbeit gleichgültig ist, unter sie
subsumiert.
[3.]
Die nächste Ausdehnung der Teilung der Arbeit war die Trennung von
Produktion und Verkehr, die Bildung einer besondern Klasse von
Kaufleuten, eine Trennung, die in den historisch überlieferten Städten
(u. a. mit den Juden) mit überkommen war und in den neugebildeten sehr
bald eintrat. Hiermit war die Möglichkeit einer über den
nächsten Umkreis hinausgehenden Handelsverbindung gegeben, eine
Möglichkeit, deren Ausführung von den bestehenden
Kommunikationsmitteln, dem durch die politischen Verhältnisse bedingten
Stande der öffentlichen Sicherheit auf dem Lande (im ganzen Mittelalter
zogen bekanntlich die Kaufleute in bewaffneten Karawanen herum) und von
den durch die jedesmalige Kulturstufe bedingten roheren oder
entwickelteren Bedürfnissen des dem Verkehr zugänglichen Gebietes
abhing.
Mit dem in einer besonderen Klasse konstituierten Verkehr, mit der
Ausdehnung des Handels durch die Kaufleute über die nächste Umgebung
der Stadt hinaus, tritt sogleich eine Wechselwirkung zwischen der
Produktion und dem Verkehr ein. Die Städte treten miteinander in
Verbindung, es werden neue Werkzeuge aus einer Stadt in die andre
gebracht, und die Teilung zwischen Produktion und Verkehr ruft bald
eine neue Teilung der Produktion zwischen den einzelnen Städten hervor,
(45) deren Jede bald einen vorherrschenden Industriezweig exploitiert.
Die anfängliche Beschränkung auf die Lokalität fängt an, allmählich
aufgelöst zu werden.
Es hängt lediglich von der Ausdehnung des Verkehrs ab, ob die in einer
Lokalität gewonnenen Produktivkräfte, namentlich Erfindungen, für die
spätere Entwicklung verlorengehen oder nicht. Solange noch kein über
die unmittelbare Nachbarschaft hinausgehender Verkehr existiert, muß
jede Erfindung in jeder Lokalität besonders gemacht werden, und bloße
Zufälle, wie Irruptionen barbarischer Völker, selbst gewöhnliche
Kriege, reichen hin, ein Land mit entwickelten Produktivkräften und
Bedürfnissen dahin zu bringen, daß es wieder von vorne anfangen muß. In
der anfänglichen Geschichte mußte jede Erfindung täglich neu und in
jeder Lokalität unabhängig gemacht werden. Wie wenig ausgebildete
Produktivkräfte selbst bei einem verhältnismäßig sehr ausgedehnten
Handel vor dem gänzlichen Untergange sicher sind, beweisen die
Phönizier, deren Erfindungen zum größten Teil durch die Verdrängung
dieser Nation aus dem Handel, die Eroberung Alexanders und den daraus
folgenden Verfall auf lange Zeit verlorengingen. Ebenso im Mittelalter
die Glasmalerei z.B. Erst wenn der Verkehr zum Weltverkehr geworden ist
und die große Industrie zur Basis hat, alle Nationen in den
Konkurrenzkampf hereingezogen sind, ist die Dauer der gewonnenen
Produktivkräfte gesichert.
Die Teilung der Arbeit zwischen den verschiedenen Städten hatte zur
nächsten Folge das Entstehen der Manufakturen, der dem Zunftwesen
entwachsenen Produktionszweige. Das erste Aufblühen der Manufakturen -
in Italien und später in Flandern - hatte den Verkehr mit auswärtigen
Nationen zu seiner historischen Voraussetzung. In andern
Ländern - England und Frankreich z.B. - beschränkten die Manufakturen
sich anfangs auf den inländischen Markt. Die Manufakturen haben außer
den angegebenen Voraussetzungen noch eine schon fortgeschrittene
Konzentration der Bevölkerung - namentlich auf dem Lande - und des
Kapitals, das sich teils in den Zünften trotz der Zunftgesetze, teils
bei den Kaufleuten in einzelnen Händen zu sammeln anfing, zur
Voraussetzung.
(46) Diejenige Arbeit, die von vornherein eine Maschine, wenn auch noch
in der rohsten Gestalt, voraussetzte, zeigte sich sehr bald als die
entwicklungsfahigste. Die Weberei, bisher auf dem Lande von den Bauern
nebenbei betrieben, um sich ihre nötige Kleidung zu verschaffen, war
die erste Arbeit, welche durch die Ausdehnung des Verkehrs einen Anstoß
und eine weitere Ausbildung erhielt. Die Weberei war die erste und
blieb die hauptsächlichste Manufaktur. Die mit der steigenden
Bevölkerung steigende Nachfrage nach Kleidungsstoffen, die beginnende
Akkumulation und Mobilisation des naturwüchsigen Kapitals durch die
beschleunigte Zirkulation, das hierdurch hervorgerufene und durch die
allmähliche Ausdehnung des Verkehrs überhaupt begünstigte
Luxusbedürfnis gaben der Weberei quantitativ und qualitativ einen
Anstoß, der sie aus der bisherigen Produktionsform herausriß. Neben den
zum Selbstgebrauch webenden Bauern, die fortbestehen blieben und noch
fortbestehen, kam eine neue Klasse von Webern in den Städten auf, deren
Gewebe für den ganzen heimischen Markt und meist auch für auswärtige
Märkte bestimmt waren.
Die Weberei, eine in den meisten Fällen wenig Geschicklichkeit
erfordernde und bald in unendlich viele Zweige zerfallende Arbeit,
widerstrebte ihrer ganzen Beschaffenheit nach den Fesseln der Zunft.
Die Weberei wurde daher auch meist in Dörfern und Marktflecken ohne
zünftige Organisation betrieben, die allmählich zu Städten, und zwar
bald zu den blühendsten Städten jedes Landes wurden.
Mit der zunftfreien Manufaktur veränderten sich sogleich auch die
Eigentumsverhältnisse. Der erste Fortschritt über das
naturwüchsig-ständische Kapital hinaus war durch das Aufkommen der
Kaufleute gegeben, deren Kapital von vornherein mobil, Kapital im
modernen Sinne war, soweit davon unter den damaligen Verhältnissen die
Rede sein kann. Der zweite Fortschritt kam mit der Manufaktur, die
wieder eine Masse des naturwüchsigen Kapitals mobilisierte und
überhaupt die Masse des mobilen Kapitals gegenüber der des
naturwüchsigen vermehrte.
Die Manufaktur wurde zugleich eine Zuflucht der Bauern gegen die
sie
ausschließenden oder schlecht bezahlenden Zünfte, wie früher die
Zunftstädte den Bauern als Zuflucht gegen (47) [den sie bedrückenden
Landadel gedient] hatten.
Mit dem Anfange der Manufakturen gleichzeitig war eine Periode des
Vagabundentums, veranlaßt durch das Aufhören der feudalen
Gefolgschaften, die Entlassung der zusammengelaufenen Armeen, die den
Königen gegen die Vasallen gedient hatten, durch verbesserten Ackerbau
und Verwandlung von großen Streifen Ackerlandes in Viehweiden. Schon
hieraus geht hervor, wie dies Vagabundentum genau mit der Auflösung der
Feudalität zusammenhängt. Schon im dreizehnten Jahrhundert kommen
einzelne Epochen dieser Art vor, allgemein und dauernd tritt dies
Vagabundentum erst mit dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts
hervor. Diese Vagabunden, die so zahlreich waren, daß u.a. Heinrich
VIII. von England ihrer 72 000 hängen ließ, wurden nur mit den größten
Schwierigkeiten und durch die äußerste Not und erst nach langem
Widerstreben dahin gebracht, daß sie arbeiteten. Das rasche Aufblühen
der Manufakturen, namentlich in England, absorbierte sie allmählich.
Mit der Manufaktur traten die verschiedenen Nationen in ein
Konkurrenzverhältnis, in den Handelskampf, der in Kriegen, Schutzzöllen
und Prohibitionen durchgekämpft wurde, während früher die Nationen,
soweit sie in Verbindung waren, einen harmlosen Austausch miteinander
verführt hatten. Der Handel hat von nun an politische Bedeutung.
Mit der Manufaktur war zugleich ein verändertes Verhältnis des
Arbeiters zum Arbeitgeber gegeben. In den Zünften existierte das
patriarchalische Verhältnis zwischen Gesellen und Meister fort; in der
Manufaktur trat an seine Stelle das Geldverhältnis zwischen Arbeiter
und Kapitalist; ein Verhältnis, das auf dem Lande und in kleinen
Städten patriarchalisch tingiert blieb, in den größeren, eigentlichen
Manufakturstädten jedoch schon früh fast alle patriarchalische Färbung
verlor.
Die Manufaktur und überhaupt die Bewegung der Produktion erhielt einen
enormen Aufschwung durch die Ausdehnung des Verkehrs, welche mit der
Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien eintrat. Die neuen,
von dort importierten Produkte, namentlich die Massen von Gold und
Silber, die in Zirkulation kamen, die Stellung der Klassen
gegeneinander total veränderten und dem feudalen Grundeigentum und den
Arbeitern einen harten Stoß gaben, die Abenteurerzüge, Kolonisation und
vor Allem die jetzt möglich gewordene und täglich sich mehr und mehr
herstellende Ausdehnung der Märkte zum Weltmarkt (48) riefen eine neue
Phase der geschichtlichen Entwicklung hervor, auf welche im
Allgemeinen hier nicht weiter einzugehen ist. Durch die Kolonisation
der neuentdeckten Länder erhielt der Handelskampf der Nationen
gegeneinander neue Nahrung und demgemäß größere Ausdehnung und
Erbitterung.
Die Ausdehnung des Handels und der Manufaktur beschleunigten die
Akkumulation des mobilen Kapitals, während in den Zünften, die keinen
Stimulus zur erweiterten Produktion erfuhren, das naturwüchsige Kapital
stabil blieb oder gar abnahm. Handel und Manufaktur schufen die große
Bourgeoisie, in den Zünften konzentrierte sich die Kleinbürgerschaft,
die nun nicht mehr wie früher in den Städten herrschte, sondern der
Herrschaft der großen Kaufleute und Manufacturiers sich beugen mußte.
Daher der Verfall der Zünfte, sobald sie mit der Manufaktur in
Berührung kam[en].
Das Verhältnis der Nationen untereinander in ihrem Verkehr nahm während
der Epoche, von der wir gesprochen haben, zwei verschiedene Gestalten
an. Im Anfange bedingte die geringe zirkulierende Quantität des Goldes
und Silbers das Verbot der Ausfuhr dieser Metalle; und die durch die
Notwendigkeit der Beschäftigung für die wachsende städtische
Bevölkerung nötig gewordene, meist vom Auslande importierte Industrie
konnte der Privilegien nicht entbehren, die natürlich nicht nur gegen
inländische, sondern hauptsächlich gegen auswärtige Konkurrenz gegeben
werden konnten. Das lokale Zunftprivilegium wurde in diesen
ursprünglichen Prohibitionen auf die ganze Nation erweitert. Die Zölle
entstanden aus den Abgaben, die die Feudalherren den ihr Gebiet
durchziehenden Kaufleuten als Abkauf der Plünderung auflegten, Abgaben,
die später von den Städten ebenfalls auferlegt wurden und die beim
Aufkommen der modernen Staaten das zunächstliegende Mittel für den
Fiskus waren, um Geld zu bekommen.
Die Erscheinung des amerikanischen Goldes und Silbers auf den
europäischen Märkten, die allmähliche Entwicklung der Industrie, der
rasche Aufschwung des Handels und das hierdurch hervorgerufene
Aufblühen der nichtzünftigen Bourgeoisie und des Geldes gab diesen
Maßregeln eine andre Bedeutung. Der Staat, der des Geldes täglich
weniger entbehren konnte, behielt nun das Verbot der Gold- und
Silberausfuhr aus fiskalischen Rücksichten bei; die Bourgeois, für die
diese neu auf den Markt geschleuderten Geldmassen der Hauptgegenstand
des Akkaparements <wucherischen Ankaufs> war, waren damit
vollständig zufrieden; die bisherigen Privilegien wurden eine
Einkommenquelle für die Regierung und für Geld verkauft; in der
Zollgesetzgebung kamen die Ausfuhrzölle auf, die der Industrie nur ein
Hindernis in den Weg (49) legend, einen rein fiskalischen Zweck hatten.
Die zweite Periode trat mit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts ein
und dauerte fast bis zum Ende des achtzehnten. Der Handel und die
Schiffahrt hatten sich rascher ausgedehnt als die Manufaktur, die eine
sekundäre Rolle spielte; die Kolonien fingen an, starke Konsumenten zu
werden, die einzelnen Nationen teilten sich durch lange Kämpfe in den
sich öffnenden Weltmarkt. Diese Periode beginnt mit den
Navigationsgesetzen und Kolonialmonopolen. Die Konkurrenz der Nationen
untereinander wurde durch Tarife, Prohibitionen, Traktate möglichst
ausgeschlossen; und in letzter Instanz wurde der Konkurrenzkampf durch
Kriege (besonders Seekriege) geführt und entschieden. Die zur See
mächtigste Nation, die Engländer, behielten das Übergewicht im Handel
und der Manufaktur. Schon hier die Konzentration auf Ein Land.
Die Manufaktur war fortwährend durch Schutzzölle im heimischen Markte,
im Kolonialmarkte durch Monopole und im auswärtigen möglichst viel
durch Differentialzölle geschützt. Die Bearbeitung des im Lande selbst
erzeugten Materials wurde begünstigt (Wolle und Leinen in England,
Seide in Frankreich), die Ausfuhr des im Inlande erzeugten Rohmaterials
verboten (Wolle in England) und die [Bearbeitung] des importierten
vernachlässigt oder unterdrückt (Baumwolle in England). Die im
Seehandel und der Kolonialmacht vorherrschende Nation sicherte sich
natürlich auch die größte quantitative und qualitative Ausdehnung der
Manufaktur. Die Manufaktur konnte überhaupt des Schutzes nicht
entbehren, da sie durch die geringste Veränderung, die in andern
Ländern vorgeht, ihren Markt verlieren und ruiniert werden kann; sie
ist leicht in einem Lande unter einigermaßen günstigen Bedingungen
eingeführt und ebendeshalb leicht zerstört. Sie ist zugleich durch die
Art, wie sie, namentlich im 18. Jahrhundert auf dem Lande, betrieben
wurde, mit den Lebensverhältnissen einer großen Masse von Individuen so
verwachsen, daß kein Land wagen darf, ihre Existenz durch Zulassung der
freien Konkurrenz aufs Spiel zu setzen. Sie hängt daher, insofern sie
es bis zum Export bringt, ganz von der Ausdehnung oder Beschränkung des
Handels ab und übt eine verhältnis[mäßig] sehr geringe Rückwirkung [auf
ihn] aus.
Daher ihre sekundäre [Rolle] und daher der Einfluß [der Kauf]leute
im achtzehnten Jahrhundert. (50) Die Kaufleute und besonders die Reeder
waren es, die vor allen Andern auf Staatsschutz und Monopolien drangen;
die Manufacturiers verlangten und erhielten zwar auch Schutz, standen
aber fortwährend hinter den Kaufleuten an politischer Bedeutung zurück.
Die Handelsstädte, speziell die Seestädte, wurden einigermaßen
zivilisiert und großbürgerlich, während in den Fabrikstädten die
größte Kleinbürgerei bestehen blieb. Vgl. Aikin pp. Das achtzehnte
Jahrhundert war das des Handels. Pinto sagt dies ausdrücklich: "Le
commerce fait la marotte du siècle" <"Der Handel ist das
Steckenpferd des Jahrhunderts">, und: "Depuis quelque temps il n'est
plus question que de commerce, de navigation et de marine." <"Seit
einiger Zeit ist nur noch von Handel, Seefahrt und Marine die Rede.">
Die Bewegung des Kapitals, obwohl bedeutend beschleunigt, blieb doch
noch stets verhältnismäßig langsam. Die Zersplitterung des Weltmarktes
in einzelne Teile, deren Jeder von einer besondern Nation ausgebeutet
wurde, die Ausschließung der Konkurrenz der Nationen unter sich, die
Unbehülflichkeit der Produktion selbst und das aus den ersten Stufen
sich erst entwickelnde Geldwesen hielten die Zirkulation sehr auf. Die
Folge davon war ein krämerhafter, schmutzig-kleinlicher Geist, der
allen Kaufleuten und der ganzen Weise des Handelsbetriebs noch
anhaftete. Im Vergleich mit den Manufacturiers und vollends den
Handwerkern waren sie allerdings Großbürger, Bourgeois, im Vergleich zu
den Kaufleuten und Industriellen der nächsten Periode bleiben sie
Kleinbürger. Vgl. A. Smith.-- -- --
Diese Periode ist auch bezeichnet durch das Aufhören der Gold- und
Silberausfuhrverbote, das Entstehen des Geldhandels, der Banken, der
Staatsschulden, des Papiergeldes, der Aktien- und Fondsspekulation, der
Agiotage in allen Artikeln und der Ausbildung des Geldwesens überhaupt.
Das Kapital verlor wieder einen großen Teil der ihm noch anklebenden
Naturwüchsigkeit.
[4.]
Die im siebzehnten Jahrhundert unaufhaltsam sich entwickelnde
Konzentration des Handels und der Manufaktur auf ein Land, England,
schuf für dieses Land allmählich einen relativen Weltmarkt und damit
eine Nachfrage für die Manufakturprodukte dieses Landes, die durch die
bisherigen industriellen Produktivkräfte nicht mehr befriedigt werden
konnte. Diese den Produktionskräften über den Kopf wachsende Nachfrage
war die treibende Kraft, welche die dritte Periode des Privateigentums
seit dem Mittelalter (51) hervorrief, indem sie die große Industrie -
die Anwendung von Elementarkräften zu industriellen Zwecken, die
Maschinerie und die ausgedehnteste Teilung der Arbeit - erzeugte. Die
übrigen Bedingungen dieser neuen Phase - die Freiheit der Konkurrenz
innerhalb der Nation, die Ausbildung der theoretischen Mechanik (die
durch Newton vollendete Mechanik war überhaupt im 18. Jahrhundert in
Frankreich und England die populärste Wissenschaft) pp. - existierten
in England bereits. (Die freie Konkurrenz in der Nation selbst mußte
überall durch eine Revolution erobert werden - 1640 und 1688 in
England, 1789 in Frankreich.)
Die Konkurrenz zwang bald jedes Land, das seine historische
Rolle behalten wollte, seine Manufakturen durch erneuerte Zollmaßregeln
zu schützen (die alten Zölle halfen gegen die große Industrie nicht
mehr) und bald darauf die große Industrie unter Schutzzöllen
einzuführen. Die große Industrie universalisierte trotz dieser
Schutzmittel die Konkurrenz (sie ist die praktische Handelsfreiheit,
der Schutzzoll ist in ihr nur ein Palliativ, eine Gegenwehr in der
Handelsfreiheit), stellte die Kommunikationsmittel und den modernen
Weltmarkt her, unterwarf sich den Handel, verwandelte alles Kapital in
industrielles Kapital und erzeugte damit die rasche Zirkulation (die
Ausbildung des Geldwesens) und Zentralisation der Kapitalien. Sie zwang
durch die universelle Konkurrenz alle Individuen zur äußersten
Anspannung ihrer Energie. Sie vernichtete möglichst die Ideologie,
Religion, Moral etc., und wo sie dies nicht konnte, machte sie sie zur
handgreiflichen Lüge. Sie erzeugte insoweit erst die Weltgeschichte,
als sie jede zivilisierte Nation und jedes Individuum darin in der
Befriedigung seiner Bedürfnisse von der ganzen Welt abhängig machte und
die bisherige naturwüchsige Ausschließlichkeit einzelner Nationen
vernichtete. Sie subsumierte die Naturwissenschaft unter das Kapital
und nahm der Teilung der Arbeit den letzten Schein der
Naturwüchsigkeit. Sie vernichtete überhaupt die Naturwüchsigkeit,
soweit dies innerhalb der Arbeit möglich ist, und löste alle
naturwüchsigen Verhältnisse in Geldverhältnisse auf. Sie schuf an der
Stelle der naturwüchsigen Städte die modernen, großen Industriestädte,
die über Nacht entstanden sind. Sie zerstörte, wo sie durchdrang, das
Handwerk und überhaupt alle früheren Stufen der Industrie. Sie
vollendete den Sieg [der] Handelsstadt über das Land. [Ihre erste
Voraussetzung] ist das automatische System. [Ihre Entwicklung er]zeugte
eine Masse von Pro[duktivkr]äften, für die das Privat[eigentum]
ebensosehr eine Fessel (52) wurde wie die Zunft für die Manufaktur und der
kleine, ländliche Betrieb für das sich ausbildende Handwerk. Diese
Produktivkräfte erhalten unter dem Privateigentum eine nur einseitige
Entwicklung, werden für die Mehrzahl zu Destruktivkräften, und eine
Menge solcher Kräfte können im Privateigentum gar nicht zur Anwendung
kommen. Sie erzeugte im Allgemeinen überall dieselben Verhältnisse
zwischen den Klassen der Gesellschaft und vernichtete dadurch die
Besonderheit der einzelnen Nationalitäten. Und endlich, während die
Bourgeoisie jeder Nation noch aparte nationale Interessen behält, schuf
die große Industrie eine Klasse, die bei allen Nationen dasselbe
Interesse hat und bei der die Nationalität schon vernichtet ist, eine
Klasse, die wirklich die ganze alte Welt los ist und zugleich ihr
gegenübersteht. Sie macht dem Arbeiter nicht bloß das Verhältnis zum
Kapitalisten, sondern die Arbeit selbst unerträglich.
Es versteht sich, daß die große Industrie nicht in jeder Lokalität
eines Landes zu derselben Höhe der Ausbildung kommt. Dies hält indes
die Klassenbewegung des Proletariats nicht auf, da die durch die große
Industrie erzeugten Proletarier an die Spitze dieser Bewegung treten
und die ganze Masse mit sich fortreißen, und da die von der großen
Industrie ausgeschlossenen Arbeiter durch diese große Industrie in eine
noch schlechtere Lebenslage versetzt werden als die Arbeiter der großen
Industrie selbst. Ebenso wirken die Länder, in denen eine große
Industrie entwickelt ist, auf die plus ou moins <mehr oder
weniger> nichtindustriellen Länder, sofern diese durch den
Weltverkehr in den universellen Konkurrenzkampf hereingerissen sind.
Diese verschiedenen Formen sind ebensoviel Formen der Organisation der
Arbeit und damit des Eigentums. In jeder Periode fand eine Vereinigung
der existierenden Produktivkräfte statt, soweit sie durch die
Bedürfnisse notwendig geworden war.
[5.]
Dieser Widerspruch zwischen den Produktivkräften und der Verkehrsform,
der, wie wir sahen, schon mehreremal in der bisherigen Geschichte
vorkam, ohne jedoch die Grundlage derselben zu gefährden, mußte
jedesmal in einer Revolution eklatieren, wobei er zugleich verschiedene
Nebengestalten annahm, als Totalität von Kollisionen, als Kollisionen
verschiedener Klassen, als Widerspruch des Bewußtseins, Gedankenkampf
etc., politischer Kampf etc. Von einem bornierten Gesichtspunkte aus
kann man nun eine dieser Nebengestalten herausnehmen und sie als die
Basis dieser Revolutionen betrachten, was um so leichter ist, als die
Individuen, von denen die Revolutionen ausgingen, sich je nach ihrem
Bildungsgrad und der Stufe der historischen Entwicklung über ihre eigne
Tätigkeit selbst Illusionen machten.
-------
Alle Kollisionen der Geschichte haben also nach unsrer Auffassung ihren
Ursprung in dem Widerspruch zwischen den Produktivkräften und der
(53) Verkehrsform. Es ist übrigens nicht nötig, daß dieser Widerspruch, um
zu Kollisionen in einem Lande zu führen, in diesem Lande selbst auf die
Spitze getrieben ist. Die durch einen erweiterten internationalen
Verkehr hervorgerufene Konkurrenz mit industriell entwickelteren
Ländern ist hinreichend, um auch in den Ländern mit weniger
entwickelter Industrie einen ähnlichen Widerspruch zu erzeugen (z.B.
das latente Proletariat in Deutschland, durch die Konkurrenz der
englischen Industrie zur Erscheinung gebracht).
[6.]
Die Konkurrenz isoliert die Individuen, nicht nur die Bourgeois,
sondern noch mehr die Proletarier gegeneinander, trotzdem daß sie sie
zusammenbringt. Daher dauert es lange Zeit, bis diese Individuen sich
vereinigen können, abgesehn davon, daß zu dieser Vereinigung - wenn sie
nicht bloß lokal sein soll - die nötigen Mittel, die großen
Industriestädte und die wohlfeilen und schnellen Kommunikationen durch
die große Industrie erst hergestellt sein müssen, und daher ist jede
organisierte Macht gegenüber diesen isolierten und in Verhältnissen,
die die Isolierung täglich reproduzieren, lebenden Individuen erst nach
langen Kämpfen zu besiegen. Das Gegenteil verlangen, hieße ebensoviel
wie zu verlangen, daß die Konkurrenz in dieser bestimmten
Geschichtsepoche nicht existieren soll oder daß die Individuen
Verhältnisse, über die sie als Isolierte keine Kontrolle haben, sich
aus dem Kopf schlagen sollen.
-- -- --
Häuserbau. Bei den Wilden versteht es sich von selbst, daß jede Familie
ihre eigne Höhle oder Hütte hat, wie bei den Nomaden das separate Zelt
jeder Familie. Diese getrennte Hauswirtschaft wird durch die weitere
Entwicklung des Privateigentums nur noch nötiger gemacht. Bei den
Agrikulturvölkern ist die gemeinsame Hauswirtschaft ebenso unmöglich
wie die gemeinsame Bodenkultur. Ein großer Fortschritt war die Erbauung
von Städten. In allen bisherigen Perioden war indes die Aufhebung der
getrennten Wirtschaft, die von der Aufhebung des Privateigentums nicht
zu trennen ist, schon deswegen unmöglich, weil die materiellen
Bedingungen dazu nicht vorhanden waren. Die Einrichtung einer
gemeinsamen Hauswirtschaft setzt die Entwicklung der Maschinerie, der
Benutzung der Naturkräfte und vieler andern Produktivkräfte voraus -
z.B. der Wasserleitungen, der (54) Gasbeleuchtung, der Dampfheizung
etc., Aufhebung [des Gegensatzes] von Stadt und Land. Ohne diese
Bedingungen würde die gemeinsame Wirtschaft nicht selbst wieder eine
neue Produktionskraft sein, aller materiellen Basis entbehren, auf
einer bloß theoretischen Grundlage beruhen, d.h. eine bloße Marotte
sein und es nur zur Klosterwirtschaft bringen. - Was möglich war, zeigt
sich in der Zusammenrückung zu Städten und in der Erbauung gemeinsamer
Häuser zu einzelnen bestimmten Zwecken (Gefängnisse, Kasernen pp.) Daß
die Aufhebung der getrennten Wirtschaft von der Aufhebung der Familie
nicht zu trennen ist, versteht sich von selbst. -- -- --
[Der bei Sankt Max häufig vorkommende Satz, daß Jeder Alles, was er
ist, durch den Staat ist, ist im Grunde derselbe wie der, daß der
Bourgeois nur ein Exemplar der Bourgeoisgattung sei; ein Satz, der
voraussetzt, daß die Klasse der Bourgeois schon vor den sie
konstituierenden Individuen existiert habe.] (Praexistenz der Klasse
bei den Philosophen.)
Die Bürger in jeder Stadt waren im Mittelalter gezwungen, sich gegen
den Landadel zu vereinigen, um sich ihrer Haut zu wehren; die
Ausdehnung des Handels, die Herstellung der Kommunikationen führte die
einzelnen Städte dazu, andere Städte kennenzulernen, die dieselben
Interessen im Kampfe mit demselben Gegensatz durchgesetzt hatten. Aus
den vielen lokalen Bürgerschaften der einzelnen Städte entstand erst
sehr allmählich die Bürgerklasse. Die Lebensbedingungen der einzelnen
Bürger wurden durch den Gegensatz gegen die bestehenden Verhältnisse
und durch die davon bedingte Art der Arbeit zugleich zu Bedingungen,
welche ihnen allen gemeinsam und von jedem einzelnen unabhängig waren.
Die Bürger hatten diese Bedingungen geschaffen, insofern sie sich von
dem feudalen Verbande losgerissen hatten, und waren von ihnen
geschaffen, insofern sie durch ihren Gegensatz gegen die Feudalität,
die sie vorfanden, bedingt waren. Mit dem Eintreten der Verbindung
zwischen den einzelnen Städten entwickelten sich diese gemeinsamen
Bedingungen zu Klassenbedingungen. Dieselben Bedingungen, derselbe
Gegensatz, dieselben Interessen mußten im Ganzen und Großen auch
überall gleiche Sitten hervorrufen. Die Bourgeoisie selbst entwickelt
sich erst mit ihren Bedingungen allmählich, spaltet sich nach der
Teilung der Arbeit wieder in verschiedene Fraktionen und absorbiert
endlich alle vorgefundenen besitzenden Klassen in sich (während
sie die Majorität der vorgefundenen besitzlosen und einen Teil der
bisher besitzenden Klassen zu einer neuen Klasse, dem Proletariat,
entwickelt), in dem Maße, als alles vorgefundene Eigentum in
industrielles oder kommerzielles Kapital umgewandelt wird.
Die einzelnen Individuen bilden nur insofern eine Klasse, als (55) sie einen
gemeinsamen Kampf gegen eine andre Klasse zu führen haben; im übrigen
stehen sie einander selbst in der Konkurrenz wieder feindlich
gegenüber. Auf der andern Seite verselbständigt sich die Klasse wieder
gegen die Individuen, so daß diese ihre Lebensbedingungen prädestiniert
vorfinden, von der Klasse ihre Lebensstellung und damit ihre
Persönliche Entwicklung angewiesen bekommen, unter sie subsumiert
werden. Dies ist dieselbe Erscheinung wie die Subsumtion der einzelnen
Individuen unter die Teilung der Arbeit und kann nur durch die
Aufhebung des Privateigentums und der Arbeit selbst beseitigt werden.
Wie diese Subsumtion der Individuen unter die Klasse sich zugleich zu
einer Subsumtion unter allerlei Vorstellungen pp. entwickelt, haben wir
bereits mehrere Male angedeutet.
Wenn man diese Entwicklung der Individuen in den gemeinsamen
Existenzbedingungen der geschichtlich aufeinanderfolgenden Stände und
Klassen und den ihnen damit aufgedrängten allgemeinen Vorstellungen
philosophisch betrachtet, so kann man sich allerdings leicht einbilden,
in diesen Individuen habe sich die Gattung oder der Mensch, oder sie
haben den Menschen entwickelt; eine Einbildung, womit der Geschichte
einige starke Ohrfeigen gegeben werden. Man kann dann diese
verschiedenen Stände und Klassen als Spezifikationen des allgemeinen
Ausdrucks, als Unterarten der Gattung, als Entwicklungsphasen des
Menschen fassen.
Diese Subsumtion der Individuen unter bestimmte Klassen kann nicht eher
aufgehoben werden, als bis sich eine Klasse gebildet hat, die gegen die
herrschende Klasse kein besonderes Klasseninteresse mehr durchzusetzen
hat.
-------
Die Verwandlung der persönlichen Mächte (Verhältnisse) in sachliche
durch die Teilung der Arbeit kann nicht dadurch wieder aufgehoben
werden, daß man sich die allgemeine Vorstellung davon aus dem Kopfe
schlägt, sondern nur dadurch, daß die Individuen diese sachlichen
Mächte wieder unter sich subsumieren und die Teilung der Arbeit
aufheben. Dies ist ohne die Gemeinschaft nicht möglich. Erst in der
Gemeinschaft [mit Andern hat jedes] Individuum (56) die Mittel, seine
Anlagen nach allen Seiten hin auszubilden; erst in der Gemeinschaft
wird also die persönliche Freiheit möglich. In den bisherigen
Surrogaten der Gemeinschaft, im Staat usw. existierte die persönliche
Freiheit nur für die in den Verhältnissen der herrschenden Klasse
entwickelten Individuen und nur, insofern sie Individuen dieser Klasse
waren. Die scheinbare Gemeinschaft, zu der sich bisher die Individuen
vereinigten, verselbständigte sich stets ihnen gegenüber und war
zugleich, da sie eine Vereinigung einer Klasse gegenüber einer andern
war, für die beherrschte Klasse nicht nur eine ganz illusorische
Gemeinschaft, sondern auch eine neue Fessel. In der wirklichen
Gemeinschaft erlangen die Individuen in und durch ihre Assoziation
zugleich ihre Freiheit.
Die Individuen gingen immer von sich aus, natürlich aber von sich
innerhalb ihrer gegebenen historischen Bedingungen und Verhältnisse,
nicht vom "reinen" Individuum im Sinne der Ideologen. Aber im Lauf der
historischen Entwicklung und gerade durch die innerhalb der
Teilung der Arbeit unvermeidliche Verselbständigung der
gesellschaftlichen Verhältnisse tritt ein Unterschied heraus zwischen
dem Leben jedes Individuums, soweit es persönlich ist und insofern es
unter irgendeinen Zweig der Arbeit und die dazugehörigen Bedingungen
subsumiert ist. (Dies ist nicht so zu verstehen, als ob z.B. der
Rentier, der Kapitalist pp. aufhörten, Personen zu sein; sondern ihre
Persönlichkeit ist durch ganz bestimmte Klassenverhältnisse bedingt und
bestimmt, und der Unterschied tritt erst im Gegensatz zu einer andern
Klasse und für sie selbst erst dann hervor, wenn sie Bankerott machen.)
Im Stand (mehr noch im Stamm) ist dies noch verdeckt, z.B. ein Adliger
bleibt stets ein Adliger, ein Roturier <Nichtadliger,
Bürgerlicher> stets ein Roturier, abgesehn von seinen sonstigen
Verhältnissen, eine von seiner Individualität unzertrennliche Qualität.
Der Unterschied des persönlichen Individuums gegen das
Klassenindividuum, die Zufälligkeit der Lebensbedingungen für das
Individuum tritt erst mit dem Auftreten der Klasse [ein], die selbst
ein Produkt der Bourgeoisie ist. Die Konkurrenz und der Kampf der
Individuen untereinander erzeugt und entwickelt erst (57) diese
Zufälligkeit als solche. In der Vorstellung sind daher die Individuen
unter der Bourgeoisieherrschaft freier als früher, weil ihnen ihre
Lebensbedingungen zufällig sind; in der Wirklichkeit sind sie natürlich
unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt subsumiert. Der Unterschied
vom Stand tritt namentlich heraus im Gegensatz der Bourgeoisie gegen
das Proletariat. Als der Stand der städtischen Bürger, die
Korporationen pp. gegenüber dem Landadel aufkamen, erschien ihre
Existenzbedingung, das Mobileigentum und die Handwerksarbeit, die schon
vor ihrer Trennung vom Feudalverbande latent existiert hatten, als
etwas Positives, das gegen das feudale Grundeigentum geltend gemacht
wurde, und nahm daher auch zunächst wieder die feudale Form in ihrer
Weise an. Allerdings behandelten die entlaufenden Leibeignen ihre
bisherige Leibeigenschaft als etwas ihrer Persönlichkeit Zufälliges.
Hierin aber taten sie nur dasselbe, was jede sich von einer Fessel
befreiende Klasse tut, und dann befreiten sie sich nicht als Klasse,
sondern vereinzelt. Sie traten ferner nicht aus dem Bereich des
Ständewesens heraus, sondern bildeten nur einen neuen Stand und
behielten ihre bisherige Arbeitsweise auch in der neuen Stellung bei
und bildeten sie weiter aus, indem sie sie von ihren bisherigen, ihrer
schon erreichten Entwicklung nicht [mehr] entsprechenden Fesseln
befreiten.
Bei den Proletariern dagegen ist ihre eigne Lebensbedingung, die
Arbeit, und damit sämtliche Existenzbedingungen der heutigen
Gesellschaft, für sie zu etwas Zufälligem geworden, worüber die
einzelnen Proletarier keine Kontrolle haben und worüber ihnen keine
gesellschaftliche Organisation eine Kontrolle geben kann, und der
Widerspruch zwischen der Persönlichkeit des einzelnen Proletariers und
seiner ihm aufgedrängten Lebensbedingung, der Arbeit, tritt für ihn
selbst hervor, namentlich da er schon von Jugend auf geopfert wird und
da ihm die Chance fehlt, innerhalb seiner Klasse zu den Bedingungen zu
kommen, die ihn in die andre stellen.
(58) N.B. Nicht zu vergessen, daß schon die Notwendigkeit der
Leibeignen, zu existieren, und die Unmöglichkeit der großen Wirtschaft,
die die Verteilung der allotments <Parzellen> an die Leibeignen mit
sich führte, sehr bald die Verpflichtungen der Leibeignen gegen den
Feudalherrn auf einen Durchschnitt von Naturallieferungen und
Fronleistungen reduzierte, der dem Leibeignen die Akkumulation von
Mobiliareigentum möglich machte und damit sein Entfliehen von dem
Besitztum seines Herrn erleichterte und ihm Aussicht auf sein
Fortkommen als Stadtbürger gab, auch Abstufungen unter den Leibeignen
erzeugte, so daß die weglaufenden Leibeignen schon halbe Bürger sind.
Wobei es ebenfalls einleuchtet, daß die eines Handwerks kundigen
leibeignen Bauern am meisten Chance hatten, sich Mobiliareigentum zu
erwerben.
Während also die entlaufenden Leibeignen nur ihre bereits vorhandenen
Existenzbedingungen frei entwickeln und zur Geltung bringen wollten und
daher in letzter Instanz nur bis zur freien Arbeit kamen, müssen die
Proletarier, um persönlich zur Geltung zu kommen, ihre eigne bisherige
Existenzbedingung, die zugleich die der ganzen bisherigen Gesellschaft
ist, die Arbeit, aufheben. Sie befinden sich daher auch im direkten
Gegensatz zu der Form, in der die Individuen der Gesellschaft sich
bisher einen Gesamtausdruck gaben, zum Staat, und müssen den Staat
stürzen, um ihre Persönlichkeit durchzusetzen.
-- -- --
Es geht aus der ganzen bisherigen Entwicklung hervor, daß das
gemeinschaftliche Verhältnis, in das die Individuen einer Klasse traten
und das durch ihre gemeinschaftlichen Interessen gegenüber einem
Dritten bedingt war, stets eine Gemeinschaft war, der diese Individuen
nur als Durchschnittsindividuen angehörten, nur soweit sie in den
Existenzbedingungen ihrer Klasse lebten, ein Verhältnis, an dem sie
nicht als Individuen, sondern als Klassenmitglieder teilhatten. Bei der
Gemeinschaft der revolutionären Proletarier dagegen, die ihre und aller
Gesellschaftsmitglieder (59) Existenzbedingungen unter ihre Kontrolle
nehmen, ist es gerade umgekehrt; an ihr nehmen die Individuen als
Individuen Anteil. Es ist eben die Vereinigung der Individuen
(innerhalb der Voraussetzung der jetzt entwickelten Produktivkräfte
natürlich), die die Bedingungen der freien Entwicklung und Bewegung der
Individuen unter ihre Kontrolle gibt, Bedingungen, die bisher dem
Zufall überlassen waren und sich gegen die einzelnen Individuen eben
durch ihre Trennung als Individuen, durch ihre notwendige Vereinigung,
die mit der Teilung der Arbeit gegeben, und durch ihre Trennung zu
einem ihnen fremden Bande geworden war, verselbständigt hatten. Die
bisherige Vereinigung war nur eine (keineswegs willkürliche, wie sie z.
B. im "Contrat social" dargestellt wird, sondern notwendige)
Vereinigung (vergleiche z. B. die Bildung des nordamerikanischen Staats
und die südamerikanischen Republiken) über diese Bedingungen, innerhalb
deren dann die Individuen den Genuß der Zufälligkeit hatten. Dieses
Recht, innerhalb gewisser Bedingungen ungestört der Zufälligkeit sich
erfreuen zu dürfen, nannte man bisher persönliche Freiheit. - Diese
Existenzbedingungen sind natürlich nur die jedesmaligen
Produktionskräfte und Verkehrsformen.
-------
Der Kommunismus unterscheidet sich von allen bisherigen Bewegungen
dadurch, daß er die Grundlage aller bisherigen Produktions- und
Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle naturwüchsigen Voraussetzungen
zum ersten Mal mit Bewußtsein als Geschöpfe der bisherigen Menschen
behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit entkleidet und der Macht der
vereinigten Individuen unterwirft. Seine Einrichtung ist daher
wesentlich ökonomisch, die materielle Herstellung der Bedingungen
dieser Vereinigung; sie macht die vorhandenen Bedingungen zu
Bedingungen der Vereinigung. Das Bestehende, was der Kommunismus
schafft, ist eben die wirkliche Basis zur Unmöglichmachung alles von
den Individuen unabhängig Bestehenden, sofern dies Bestehende den noch
nichts als ein Produkt des bisherigen Verkehrs der Individuen selbst
ist. Die Kommunisten behandeln also praktisch die durch die bisherige
Produktion und Verkehr erzeugten Bedingungen als unorganische, ohne
indes sich einzubilden, es sei der Plan oder die Bestimmung der
bisherigen Generationen gewesen, ihnen Material zu liefern, und ohne zu
glauben, daß diese Bedingungen für die sie schaffenden Individuen
unorganisch waren.
[7.]
(60) Der Unterschied zwischen persönlichem Individuum und zufälligem
Individuum ist keine Begriffsunterscheidung, sondern ein historisches
Faktum. Diese Unterscheidung hat zu verschiedenen Zeiten einen
verschiedenen Sinn, z.B. der Stand als etwas dem Individuum Zufälliges
im 18. Jahrhundert, plus ou moins <mehr oder weniger> auch die
Familie. Es ist eine Unterscheidung, die nicht wir für jede Zeit zu
machen haben, sondern die jede Zeit unter den verschiedenen Elementen,
die sie vorfindet, selbst macht, und zwar nicht nach dem Begriff,
sondern durch materielle Lebenskollisionen gezwungen.
Was als zufällig der späteren Zeit im Gegensatz zur früheren erscheint,
also auch unter den ihr von der früheren überkommenen Elementen, ist
eine Verkehrsform, die einer bestimmten Entwicklung der Produktivkräfte
entsprach. Das Verhältnis der Produktionskräfte zur Verkehrsform ist
das Verhältnis der Verkehrsform zur Tätigkeit oder Betätigung der
Individuen. (Die Grundform dieser Betätigung ist natürlich die
materielle, von der alle andre geistige, politische, religiöse etc.
abhängt. Die verschiedene Gestaltung des materiellen Lebens ist
natürlich jedesmal abhängig von den schon entwickelten Bedürfnissen,
und sowohl die Erzeugung wie die Befriedigung dieser Bedürfnisse ist
selbst ein historischer Prozeß, der sich bei keinem Schafe oder Hunde
findet (widerhaariges Hauptargument Stirners adversus hominem <gegen
den Menschen>), obwohl Schafe und Hunde in ihrer jetzigen Gestalt
allerdings, aber malgré eux <gegen ihren Willen>, Produkte eines
historischen Prozesses sind.) Die Bedingungen, unter denen die
Individuen,solange der Widerspruch noch nicht eingetreten ist,
miteinander verkehren, sind zu ihrer Individualität gehörige
Bedingungen, nichts Äußerliches für sie, Bedingungen, unter denen diese
bestimmten, unter bestimmten Verhältnissen existierenden Individuen
allein ihr materielles Leben und was damit zusammenhängt produzieren
können, sind also die Bedingungen ihrer Selbstbetätigung und werden von
dieser Selbstbetätigung produziert. Die bestimmte Bedingung, unter der
sie produzieren, entspricht also, solange (61) der Widerspruch noch nicht
eingetreten ist, ihrer wirklichen Bedingtheit, ihrem einseitigen
Dasein, dessen Einseitigkeit sich erst durch den Eintritt des
Widerspruchs zeigt und also für die Späteren existiert. Dann erscheint
diese Bedingung als eine zufällige Fessel, und dann wird das
Bewußtsein, daß sie eine Fessel sei, auch der früheren Zeit
untergeschoben.
Diese verschiedenen Bedingungen, die zuerst als Bedingungen der
Selbstbetätigung, später als Fesseln derselben erschienen, bilden in
der ganzen geschichtlichen Entwicklung eine zusammenhängende Reihe von
Verkehrsformen, deren Zusammenhang darin besteht, daß an die Stelle der
früheren, zur Fessel gewordenen Verkehrsform eine neue, den
entwickelteren Produktivkräften und damit der fortgeschrittenen Art der
Selbstbetätigung der Individuen entsprechende gesetzt wird, die à son
tour <ihrerseits> wieder zur Fessel und dann durch eine andre
ersetzt wird. Da diese Bedingungen auf jeder Stufe der gleichzeitigen
Entwicklung der Produktivkräfte entsprechen, so ist ihre Geschichte
zugleich die Geschichte der sich entwickelnden und von jeder neuen
Generation übernommenen Produktivkräfte und damit die Geschichte der
Entwicklung der Kräfte der Individuen selbst.
Da diese Entwicklung naturwüchsig vor sich geht, d.h. nicht einem
Gesamtplan frei vereinigter Individuen subordiniert ist, so geht sie
von verschiedenen Lokalitäten, Stämmen, Nationen, Arbeitszweigen etc.
aus, deren Jede anfangs sich unabhängig von den anderen entwickelt und
erst nach und nach mit den andern in Verbindung tritt. Sie geht ferner
nur sehr langsam vor sich; die verschiedenen Stufen und Interessen
werden nie vollständig überwunden, sondern nur dem siegenden Interesse
untergeordnet und schleppen sich noch jahrhundertelang neben diesem
fort. Hieraus folgt, daß selbst innerhalb einer Nation die Individuen
auch abgesehen von ihren Vermögensverhältnissen ganz verschiedene
Entwicklungen haben, und daß ein früheres Interesse, dessen
eigentümliche Verkehrsform schon durch die einem späteren angehörige
verdrängt ist, noch lange im Besitz einer traditionellen Macht in
der den Individuen gegenüber verselbständigten scheinbaren Gesellschaft
(Staat, Recht) bleibt, einer Macht, die in letzter Instanz nur durch
eine Revolution zu brechen ist. Hieraus erklärt sich auch, warum in
Beziehung auf einzelne Punkte, (62) die eine allgemeinere Zusammenfassung
erlauben, das Bewußtsein zuweilen weiter vorgerückt scheinen kann als
die gleichzeitigen empirischen Verhältnisse, so daß man in den Kämpfen
einer späteren Epoche sich auf frühere Theoretiker als auf Autoritäten
stützen kann.
Dagegen geht die Entwicklung in Ländern, die, wie Nordamerika, in einer
schon entwickelten Geschichtsepoche von vorn anfangen, sehr rasch vor
sich. Solche Länder haben keine andern naturwüchsigen Voraussetzungen
außer den Individuen, die sich dort ansiedeln und die hierzu durch die
ihren Bedürfnissen nicht entsprechenden Verkehrsformen der alten Länder
veranlaßt werden. Sie fangen also mit den fortgeschrittensten
Individuen der alten Länder und daher mit der diesen Individuen
entsprechenden entwickeltsten Verkehrsform an, noch ehe diese
Verkehrsform in den alten Ländern sich durchsetzen kann. Dies ist
der Fall mit allen Kolonien, sofern sie nicht bloße Militär- oder
Handelsstationen sind. Karthago, die griechischen Kolonien und Island
im 11. und 12. Jahrhundert liefern Beispiele dazu. Ein ähnliches
Verhältnis findet statt bei der Eroberung, wenn dem eroberten Lande die
auf einem andern Boden entwickelte Verkehrsform fertig herübergebracht
wird; während sie in ihrer Heimat noch mit Interessen und Verhältnissen
aus früheren Epochen behaftet war, kann und muß sie hier vollständig
und ohne Hindernis durchgesetzt werden, schon um den Eroberern dauernde
Macht zu sichern. (England und Neapel nach der normännischen Eroberung,
wo sie die vollendetste Form der feudalen Organisation erhielten.)
[8.]
Dieser ganzen Geschichtsauffassung scheint das Faktum der Eroberung zu
widersprechen. Man hat bisher die Gewalt, den Krieg, Plünderung,
Raubmord pp. zur treibenden Kraft der Geschichte gemacht. Wir können
uns hier nur auf die Hauptpunkte beschränken und nehmen daher nur das
frappanteste Beispiel, die Zerstörung einer alten Zivilisation durch
ein barbarisches Volk und die sich daran anknüpfende, von vorn
anfangende Bildung einer neuen Gliederung der Gesellschaft. (Rom und
Barbaren, Feudalität und Gallien, oströmisches Reich und Türken.)
(63) Bei dem erobernden Barbarenvolke ist der Krieg selbst noch, wie schon
oben angedeutet, eine regelmäßige Verkehrsform, die um so eifriger
exploitiert wird, je mehr der Zuwachs der Bevölkerung bei der
hergebrachten und für sie einzig möglichen rohen Produktionsweise das
Bedürfnis neuer Produktionsmittel schafft. In Italien dagegen war durch
die Konzentration des Grundeigentums (verursacht außer durch Aufkauf
und Verschuldung auch noch durch Erbschaft, indem bei der großen
Liederlichkeit und den seltnen Heiraten die alten Geschlechter
allmählich ausstarben und ihr Besitz Wenigen zufiel) und Verwandlung
desselben in Viehweiden (die außer durch die gewöhnlichen, noch heute
gültigen ökonomischen Ursachen durch die Einfuhr geraubten und
Tributgetreides und den hieraus folgenden Mangel an Konsumenten für
italisches Korn verursacht wurde) die freie Bevölkerung fast
verschwunden, die Sklaven selbst starben immer wieder aus und mußten
stets durch neue ersetzt werden. Die Sklaverei blieb die Basis der
gesamten Produktion. Die Plebejer, zwischen Freien und Sklaven stehend,
brachten es nie über ein Lumpenproletariat hinaus. Überhaupt kam Rom
nie über die Stadt hinaus und stand mit den Provinzen in einem fast nur
politischen Zusammenhange, der natürlich auch wieder durch politische
Ereignisse unterbrochen werden konnte.
-------
Es ist nichts gewöhnlicher als die Vorstellung, in der Geschichte sei
es bisher nur auf das Nehmen angekommen. Die Barbaren nehmen das
römische Reich, und mit der Tatsache dieses Nehmens erklärt man den
Übergang aus der alten Welt in die Feudalität. Bei dem Nehmen durch
Barbaren kommt es aber darauf an, ob die Nation, die eingenommen wird,
industrielle Produktivkräfte entwickelt hat, wie dies bei den modernen
Völkern der Fall ist, oder ob ihre Produktivkräfte hauptsächlich bloß
auf ihrer Vereinigung und dem Gemeinwesen beruhen. Das Nehmen ist
ferner bedingt durch den Gegenstand, der genommen wird. Das in Papier
bestehende Vermögen eines Bankiers kann gar nicht genommen werden, ohne
daß der Nehmende sich den Produktions- und Verkehrsbedingungen des
genommenen Landes unterwirft. Ebenso das gesamte industrielle Kapital
eines modernen Industrielandes. Und endlich hat das Nehmen überall sehr
bald ein Ende, und wenn nichts mehr zu nehmen ist, muß man anfangen zu
produzieren. Aus dieser sehr bald eintretenden Notwendigkeit des
Produzierens folgt, (64) daß die von den sich niederlassenden Eroberern
angenommene Form des Gemeinwesens der Entwicklungsstufe der
vorgefundnen Produktivkräfte entsprechen, oder, wenn dies nicht von
vornherein der Fall ist, sich nach den Produktivkräften ändern muß.
Hieraus erklärt sich auch das Faktum, das man in der Zeit nach der
Völkerwanderung überall bemerkt haben will, daß nämlich der Knecht der
Herr war, und die Eroberer von den Eroberten Sprache, Bildung und
Sitten sehr bald annahmen. Die Feudalität wurde keineswegs aus
Deutschland fertig mitgebracht, sondern sie hatte ihren Ursprung von
seiten der Eroberer in der kriegerischen Organisation des
Heerwesens während der Eroberung selbst, und diese entwickelte sich
nach derselben durch die Einwirkung der in den eroberten Ländern
vorgefundnen Produktivkräfte erst zur eigentlichen Feudalität. Wie sehr
diese Form durch die Produktivkräfte bedingt war, zeigen die
gescheiterten Versuche, andre aus altrömischen Reminiszenzen
entspringende Formen durchzusetzen (Karl der Große pp.).
fortzufahren.
[9.]
In der großen Industrie und Konkurrenz sind die sämtlichen
Existenzbedingungen, Bedingtheiten, Einseitigkeiten der Individuen
zusammengeschmolzen in die beiden einfachsten Formen: Privateigentum
und Arbeit. Mit dem Gelde ist jede Verkehrsform und der Verkehr selbst
für die Individuen als zufällig gesetzt. Also liegt schon im Gelde, daß
aller bisherige Verkehr nur Verkehr der Individuen unter bestimmten
Bedingungen, nicht der Individuen als Individuen war. Diese Bedingungen
sind auf zwei - akkumulierte Arbeit oder Privateigentum, oder wirkliche
Arbeit - reduziert. Hört diese oder eine von ihnen auf, so stockt der
Verkehr. Die modernen Ökonomen selbst, z. B. Sismondi, Cherbuliez etc.,
stellen die association des individus <Vereinigung der
Individuen> der association des capitaux <Vereinigung des
Kapitals> entgegen. Andererseits sind die Individuen selbst
vollständig unter die Teilung der Arbeit subsumiert und dadurch in die
vollständigste Abhängigkeit voneinander gebracht. Das Privateigentum,
soweit es, innerhalb der Arbeit, der Arbeit gegenübertritt, entwickelt
sich aus der Notwendigkeit der Akkumulation und hat im Anfange immer
noch mehr die Form des Gemeinwesens, nähert sich aber in der weiteren
Entwicklung immer mehr der modernen Form des Privateigentums. Durch die
Teilung der Arbeit ist schon von vornherein die Teilung auch der
Arbeitsbedingungen, Werkzeuge und Materialien gegeben und damit die
Zersplitterung des akkumulierten Kapitals an verschiedne Eigentümer,
und damit die Zersplitterung zwischen Kapital und Arbeit, und die
verschiedenen Formen des Eigentums selbst. Je mehr sich die Teilung der
Arbeit (65) ausbildet und je mehr die Akkumulation wächst, desto schärfer
bildet sich auch diese Zersplitterung aus. Die Arbeit selbst kann nur
bestehen unter der Voraussetzung dieser
Zersplitterung.
----------
(Persönliche Energie der Individuen einzelner Nationen - Deutsche und
Amerikaner - Energie schon durch Rassenkreuzung - daher die Deutschen
kretinmäßig - in Frankreich, England etc. fremde Völker auf einen schon
entwickelten, in Amerika auf einen ganz neuen Boden verpflanzt, in
Deutschland die naturwüchsige Bevölkerung ruhig sitzengeblieben.)
----------
Es zeigen sich hier also zwei Fakta. Erstens erscheinen die
Produktivkräfte als ganz unabhängig und losgerissen von den Individuen,
als eine eigne Welt neben den Individuen, was darin seinen Grund hat,
daß die Individuen, deren Kräfte sie sind, zersplittert und im
Gegensatz gegeneinander existieren, während diese Kräfte andererseits
nur im Verkehr und Zusammenhang dieser Individuen wirkliche Kräfte
sind. Also auf der einen Seite eine Totalität von Produktivkräften, die
gleichsam eine sachliche Gestalt angenommen haben und für die
Individuen selbst nicht mehr die Kräfte der Individuen, sondern des
Privateigentums sind, und daher der Individuen nur, insofern sie
Privateigentümer sind.
In keiner früheren Periode hatten die Produktivkräfte diese
gleichgültige Gestalt für den Verkehr der Individuen als Individuen
angenommen, weil ihr Verkehr selbst noch ein bornierter war. Auf der
andern Seite steht diesen Produktivkräften die Majorität der Individuen
gegenüber, von denen diese Kräfte losgerissen sind und die daher alles
wirklichen Lebensinhalts beraubt, abstrakte Individuen geworden sind,
die aber dadurch erst in den Stand gesetzt werden, als Individuen
miteinander in Verbindung zu treten.
Der einzige Zusammenhang, in dem sie noch mit den Produktivkräften und
mit ihrer eignen Existenz stehen, die Arbeit, hat bei ihnen allen
Schein der Selbstbetätigung verloren und erhält ihr (66) Leben nur, indem
sie es verkümmert. Während in den früheren Perioden Selbstbetätigung
und Erzeugung des materiellen Lebens dadurch getrennt waren, daß sie an
verschiedene Personen fielen und die Erzeugung des materiellen Lebens
wegen der Borniertheit der Individuen selbst noch als eine
untergeordnete Art der Selbstbetätigung galt, fallen sie jetzt so
auseinander, daß überhaupt das materielle Leben als Zweck, die
Erzeugung dieses materiellen Lebens, die Arbeit (welche die jetzt
einzig mögliche, aber wie wir sehn, negative Form der Selbstbetätigung
ist), als Mittel erscheint.
[10.]
Es ist also jetzt so weit gekommen, daß die Individuen sich die
vorhandene Totalität von Produktivkräften aneignen müssen, nicht nur um
zu ihrer Selbstbetätigung zu kommen, sondern schon überhaupt um ihre
Existenz sicherzustellen.
Diese Aneignung ist zuerst bedingt durch den anzueignenden Gegenstand -
die zu einer Totalität entwickelten und nur innerhalb eines
universellen Verkehrs existierenden Produktivkräfte. Diese Aneignung
muß also schon von dieser Seite her einen den Produktivkräften und dem
Verkehr entsprechenden universellen Charakter haben. Die Aneignung
dieser Kräfte hat selbst weiter nichts als die Entwicklung der den
materiellen Produktionsinstrumenten entsprechenden individuellen
Fähigkeiten Die Aneignung einer Totalität von Produktionsinstrumenten
ist schon deshalb die Entwicklung einer Totalität von Fähigkeiten in
den Individuen selbst. Diese Aneignung ist ferner bedingt durch die
aneignenden Individuen. Nur die von aller Selbstbetätigung vollständig
ausgeschlossenen Proletarier der Gegenwart sind imstande, ihre
vollständige, nicht mehr bornierte Selbstbetätigung, die in der
Aneignung einer Totalität von Produktivkräften und der damit gesetzten
Entwicklung einer Totalität von Fähigkeiten besteht, durchzusetzen.
Alle früheren revolutionären Aneignungen waren borniert; Individuen,
deren Selbstbetätigung durch ein beschränktes Produktionsinstrument und
einen beschränkten Verkehr borniert war, eigneten sich dies beschränkte
(67) Produktionsinstrument an und brachten es daher nur zu einer neuen
Beschränktheit. Ihr Produktionsinstrument wurde ihr Eigentum, aber sie
selbst blieben unter die Teilung der Arbeit und unter ihr eignes
Produktionsinstrument subsumiert. Bei allen bisherigen Aneignungen
blieb eine Masse von Individuen unter ein einziges
Produktionsinstrument subsumiert; bei der Aneignung der Proletarier
müssen eine Masse von Produktionsinstrumenten unter jedes Individuum
und das Eigentum unter Alle subsumiert werden. Der moderne universelle
Verkehr kann nicht anders unter die Individuen subsumiert werden, als
dadurch, daß er unter Alle subsumiert wird.
Die Aneignung ist ferner bedingt durch die Art und Weise, wie sie
vollzogen werden muß. Sie kann nur vollzogen werden durch eine
Vereinigung, die durch den Charakter des Proletariats selbst wieder nur
eine universelle sein kann, und durch eine Revolution, in der
einerseits die Macht der bisherigen Produktions- und Verkehrsweise und
gesellschaftlichen Gliederung gestürzt wird und andererseits der
universelle Charakter und die zur Durchführung der Aneignung nötige
Energie des Proletariats sich entwickelt, ferner das Proletariat alles
abstreift, was ihm noch aus seiner bisherigen Gesellschaftsstellung
geblieben ist.
Erst auf dieser Stufe fällt die Selbstbetätigung mit dem materiellen
Leben zusammen, was der Entwicklung der Individuen zu totalen
Individuen und der Abstreifung aller Naturwüchsigkeit entspricht; und
dann entspricht sich die Verwandlung der Arbeit in Selbstbetätigung und
die Verwandlung des bisherigen bedingten Verkehrs in den Verkehr der
Individuen als solcher. Mit der Aneignung der totalen Produktivkräfte
durch die vereinigten Individuen hört das Privateigentum auf. Während
in der bisherigen Geschichte immer eine besondere Bedingung als
zufällig erschien, ist jetzt die Absonderung der Individuen selbst, der
besondre Privaterwerb eines Jeden selbst zufällig geworden.
Die Individuen, die nicht mehr (68) unter die Teilung der Arbeit subsumiert
werden, haben die Philosophen sich als Ideal unter dem Namen "der
Mensch" vorgestellt, und den ganzen, von uns entwickelten Prozeß als
den Entwicklungsprozeß "des Menschen" gefaßt, so daß den bisherigen
Individuen auf jeder geschichtlichen Stufe "der Mensch" untergeschoben
und als die treibende Kraft der Geschichte dargestellt wurde. Der ganze
Prozeß wurde so als Selbstentfremdungsprozeß "des Menschen" gefaßt, und
dies kommt wesentlich daher, daß das Durchschnittsindividuum der
späteren Stufe immer der früheren und das spätere Bewußtsein den
früheren Individuen untergeschoben wurde. Durch diese Umkehrung, die
von vornherein von den wirklichen Bedingungen abstrahiert, war es
möglich, die ganze Geschichte in einen Entwicklungsprozeß des
Bewußtseins zu verwandeln,
* * *
Die bürgerliche Gesellschaft umfaßt den gesamten materiellen Verkehr
der Individuen innerhalb einer bestimmten Entwicklungsstufe der
Produktivkräfte. Sie umfaßt das gesamte kommerzielle und industrielle
Leben einer Stufe und geht insofern über den Staat und die Nation
hinaus, obwohl sie andrerseits wieder nach Außen hin als Nationalität
sich geltend machen, nach Innen als Staat sich gliedern muß. Das Wort
bürgerliche Gesellschaft kam auf im achtzehnten Jahrhundert, als die
Eigentumsverhältnisse bereits aus dem antiken und mittelalterlichen
Gemeinwesen sich herausgearbeitet hatten. Die bürgerliche Gesellschaft
als solche entwickelt sich erst mit der Bourgeoisie; die unmittelbar
aus der Produktion und dem Verkehr sich entwickelnde gesellschaftliche
Organisation, die zu allen Zeiten die Basis des Staats und der
sonstigen idealistischen Superstruktur bildet, ist indes fortwährend
mit demselben Namen bezeichnet worden.
[11.] Verhältnis von Staat und Recht zum Eigentum
Die erste Form des Eigentums ist sowohl in der antiken Welt wie im
Mittelalter das Stammeigentum, bedingt bei den Römern hauptsächlich
durch den Krieg, bei den (69) Germanen durch die Viehzucht. Bei den antiken
Völkern erscheint, weil in einer Stadt mehrere Stämme zusammenwohnen,
das Stammeigentum als Staatseigentum und das Recht des Einzelnen daran
als bloße Possessio <Besitz>, die sich indes, wie das
Stammeigentum überhaupt, nur auf das Grundeigentum beschränkt. Das
eigentliche Privateigentum fängt bei den Alten, wie bei den modernen
Völkern, mit dem Mobiliareigentum an. - (Sklaverei und Gemeinwesen)
(dominium ex jure Quiritum <Eigentum eines altrömischen
Vollbürgers>).
Bei den aus dem Mittelalter hervorgehenden Völkern entwickelt sich das
Stammeigentum so durch verschiedene Stufen - feudales Grundeigentum,
korporatives Mobiliareigentum, Manufakturkapital - bis zum modernen,
durch die große Industrie und universelle Konkurrenz bedingten Kapital,
dem reinen Privateigentum, das allen Schein des Gemeinwesens
abgestreift und alle Einwirkung des Staats auf die Entwicklung des
Eigentums ausgeschlossen hat. Diesem modernen Privateigentum entspricht
der moderne Staat, der durch die Steuern allmählich von den
Privateigentümern an sich gekauft, durch das Staatsschuldenwesen ihnen
vollständig verfallen und dessen Existenz in dem Steigen und Fallen der
Staatspapiere auf der Börse gänzlich von dem kommerziellen Kredit
abhängig geworden ist, den ihm die Privateigentümer, die Bourgeois,
geben. Die Bourgeoisie ist schon, weil sie eine Klasse, nicht mehr ein
Stand ist, dazu gezwungen, sich national, nicht mehr lokal zu
organisieren und ihrem Durchschnittsinteresse eine allgemeine Form zu
geben. Durch die Emanzipation des Privateigentums vom Gemeinwesen ist
der Staat zu einer besonderen Existenz neben und außer der bürgerlichen
Gesellschaft geworden; er ist aber weiter Nichts als die Form der
Organisation, welche sich die Bourgeois sowohl nach Außen als nach
innen hin zur gegenseitigen Garantie ihres Eigentums und ihrer
Interessen notwendig geben. Die Selbständigkeit des Staats kommt
heutzutage nur noch in solchen Ländern vor, wo die Stände sich nicht
vollständig zu Klassen entwickelt haben, wo die in den
fortgeschrittneren Ländern beseitigten Stände noch eine Rolle spielen
und ein Gemisch existiert; in denen daher kein Teil der Bevölkerung es
zur Herrschaft über die übrigen bringen kann. Dies ist namentlich in
Deutschland der Fall. Das vollendetste Beispiel des modernen Staats ist
(70) Nordamerika. Die neueren französischen, englischen und
amerikanischen Schriftsteller sprechen sich Alle dahin aus, daß der
Staat nur um des Privateigentums willen existiere, so daß dies auch in
das gewöhnliche Bewußtsein übergegangen ist.
Da der Staat die Form ist, in welcher die Individuen einer herrschenden
Klasse ihre gemeinsamen Interessen geltend machen und die ganze
bürgerliche Gesellschaft einer Epoche sich zusammenfaßt, so folgt, daß
alle gemeinsamen Institutionen durch den Staat vermittelt werden, eine
politische Form erhalten. Daher die Illusion, als ob das Gesetz auf dem
Willen, und zwar auf dem von seiner realen Basis losgerissenen, dem
freien Willen beruhe. Ebenso wird das Recht dann wieder auf das Gesetz
reduziert.
Das Privatrecht entwickelt sich zu gleicher Zeit mit dem Privateigentum
aus der Auflösung des naturwüchsigen Gemeinwesens. Bei den Römern blieb
die Entwicklung des Privateigentums und Privatrechts ohne weitere
industrielle und kommerzielle Folgen, weil ihre ganze Produktionsweise
dieselbe blieb. Bei den modernen Völkern, wo das
feudale Gemeinwesen durch die Industrie und den Handel aufgelöst wurde,
begann mit dem Entstehen des Privateigentums und Privatrechts eine neue
Phase, die einer weiteren Entwicklung fähig war. Gleich die erste
Stadt, die im Mittelalter einen ausgedehnten Seehandel führte, Amalfi,
bildete auch das Seerecht aus. Sobald, zuerst in Italien und später in
anderen Ländern, die Industrie und der Handel das Privateigentum
weiterentwickelten, wurde gleich das ausgebildete römische Privatrecht
wieder aufgenommen und zur Autorität erhoben. Als später die
Bourgeoisie so viel Macht erlangt hatte, daß die Fürsten sich ihrer
Interessen annahmen, um vermittelst der Bourgeoisie den Feudaladel zu
stürzen, begann in allen Ländern - in Frankreich im 16. Jahrhundert -
die eigentliche Entwicklung des Rechts, die in allen (71) Ländern,
ausgenommen England, auf der Basis des römischen Kodex vor sich ging.
Auch in England mußten römische Rechtsgrundsätze zur weiteren
Ausbildung des Privatrechts (besonders beim Mobiliareigentum)
hereingenommen werden. (Nicht zu vergessen, daß das Recht ebensowenig
eine eigene Geschichte hat wie die Religion.)
Im Privatrecht werden die bestehenden Eigentumsverhältnisse als
Resultat des allgemeinen Willens ausgesprochen. Das jus utendi et
abutendi <das Recht, das Seinige zu gebrauchen und zu verbrauchen
(auch: mißbrauchen)> selbst spricht einerseits die Tatsache aus, daß
das Privateigentum vom Gemeinwesen durchaus unabhängig geworden ist,
und andererseits die Illusion, als ob das Privateigentum selbst auf dem
bloßen Privatwillen, der willkürlichen Disposition über die Sache
beruhe. In der Praxis hat das abuti <verbrauchen, (auch:
Mißbrauchen)> sehr bestimmte ökonomische Grenzen für den
Privateigentümer, wenn er nicht sein Eigentum und damit sein jus
abutendi in andre Hände übergehn sehen will, da überhaupt die Sache,
bloß in Beziehung auf seinen Willen betrachtet, gar keine Sache ist,
sondern erst im Verkehr und unabhängig vom Recht zu einer Sache, zu
wirklichem Eigentum wird (ein Verhältnis, was die Philosophen eine Idee
nennen) . Diese juristische Illusion, die das Recht auf den bloßen
Willen reduziert, führt in der weiteren Entwicklung der
Eigentumsverhältnisse notwendig dahin, daß Jemand einen juristischen
Titel auf eine Sache haben kann, ohne die Sache wirklich zu
haben. Wird z.B. durch die Konkurrenz die Rente eines Grundstückes
beseitigt, so hat der Eigentümer desselben zwar seinen juristischen
Titel daran, samt dem jus utendi et abutendi. Aber er kann nichts damit
anfangen, er besitzt nichts als Grundeigentümer, falls er nicht sonst
noch Kapital genug besitzt, um seinen Boden zu bebauen. Aus derselben
Illusion der Juristen erklärt es sich, daß es für sie und für jeden
Kodex überhaupt zufällig ist, daß Individuen in Verhältnisse
untereinander treten, z.B. Verträge, und daß ihm diese Verhältnisse für
solche gelten, die man nach Belieben eingehen oder nicht eingehen (72)
kann und deren Inhalt ganz auf der individuellen Willkür der
Kontrahenten beruht.
Sooft sich durch die Entwicklung der Industrie und des Handels neue
Verkehrsformen gebildet haben, z.B. Assekuranz-etc.-Kompanien, war
das Recht jedesmal genötigt, sie unter die Eigentumserwerbsarten
aufzunehmen.
[12.]
Einfluß der Teilung der Arbeit auf die Wissenschaft.
Was bei den Staat, Recht, Moral etc. die Repression.
[Im] Gesetz müssen die Bourgeois sich einen allgemeinen Ausdruck geben müssen, eben weil sie als Klasse herrschen.
Naturwissenschaft und Geschichte .
Es gibt keine Geschichte der Politik, des Rechts, der Wissenschaft etc., der Kunst,der Religion etc.
-------
Warum die Ideologen alles auf den Kopf stellen.
Religiösen, Juristen, Politiker,
Juristen, Politiker (Staatsleute überhaupt),Moralisten, Religiöse.
Für diese ideologische Unterabtheilung in einer Klasse, 1 )
Verselbstständigung des Geschäfts durch die Teilung der Arbeit; jeder
hält sein Handwerk für das Wahre. Über den Zusammenhang, worin ihr
Handwerk mit der Wirklichkeitsteht, machen sie sich um so notwendiger
Illusionen, da dies schon durch die Natur des Handwerks selbst bedingt
wird. Die Verhältnisse werden in der Jurisprudenz,Politik etc. — im
Bewußtsein zu Begriffen ; da sie nicht über diese Verhältnisse hinaus
sind, sind auch die Begriffe derselben in ihrem Kopf fixe Begriffe, der
Richter z. B. wendet den Code an, ihm gilt daher die Gesetzgebung für
den wahren aktiven Treiber. Respekt vor ihrer Ware; da ihr Geschäft es
mit Allgemeinem zu tun hat. Idee des Rechts. Idee des Staats. Im
gewöhnlichen Bewußtsein ist die Sache auf den Kopf gestellt.
-------
Religion ist von vornherein das Bewußtsein der Transzendenz, das hervorgeht aus dem wirklichen Müssen.
Dies populärer.
Tradition, für Recht, Religion etc.
(73) Die Individuen sind immer von sich ausgegangen, gehen immer von
sich aus. Ihre Verhältnisse sind Verhältnisse ihres wirklichen
Lebensprozesses. Woher kömmt es, daß ihre Verhältnisse sich gegen sie
verselbständigen? daß die Mächte ihres eigenen Lebens übermächtig gegen
sie werden?
Mit einem Wort: die Teilung der Arbeit, deren Stufe von der jedesmal
entwickelten Produktivkraft abhängt. Gemeindeeigentum. Grundeigentum,
feudales, modernes.
Ständisches Eigentum. Manufaktureigentum, industrielles Kapital.
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なお、このテキストは、段落の頭と尻尾の単語を訳本と独語テキストと対応させて、段落を並べ換えて、不足するものをネットからもらってきて埋めて、(頁番号)をその前後の単語を見て埋め込んだもので、内容まで細かく点検したわけではない。
参考にしたサイトは
まずは当然、メガオンラインの
Karl Marx-Friedrich Engels Die deutsche Ideologie
そして何より、
石井彰文氏の『ドイツ・イデオロギー』のサイト
グーグルブックからは主に、いわゆる先行版である
Marx-Engels Jahrbuch 2003 のプレビューとスニペット表示
Tomokazu Hanafusa 2012.1.12-2012.1.14